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„Frauen sind nicht witzig, zumindest nicht absichtlich“, das galt Sasa Hanten-Schmidt zufolge zumindest in ihrer Jugend. Zwischen der Kunst an der Wand und vereinzelten Kerzen steht Hanten-Schmidt auf einer improvisierten Bühne aus zwei Bierkisten im Licht der auf sie gerichteten Scheinwerfer und beweist dem Publikum, dass diese Behauptung falsch sein muss.
Sie ist Publizistin, Rechtsanwältin, Kunstsammlerin und Gerichtssachverständige für zeitgenössische bildende Kunst und kann nicht nur mit einem beeindruckenden Lebenslauf, sondern auch vielen spannenden Geschichten überzeugen. Sasa Hanten-Schmidt erzählt von ihrem Leben, welches auf dem Land, ohne Busverbindung oder Läden, anfing und heute in gleich drei Städten gleichzeitig stattfindet.
Nach ihrem Schulabschluss von einem Mädcheninternat wollte Sasa Hanten-Schmidt am liebsten Soziologie studieren, doch eine Studienberatung hat ihr stattdessen Jura empfohlen. Damit konnte sie zunächst gar nichts anfangen, aber man hätte ihr erklärt, dass man mit Jura immer einen sicheren Job haben und gutes Geld verdienen würde. Heute ist Hanten-Schmidt jedoch eher der Meinung, dass es sich mit Jura genauso wie mit der Kunst verhalten würde: Es würden durchaus Leute gut verdienen, aber viele auch gar nichts. Dies seien in erster Linie die Frauen. „Das liegt daran, dass Männer genial sind und Frauen fleißig“, erklärt sie. Wenn Männer etwas gut machen, würde dies mit Genialität gleichgesetzt werden, welche bezahlt wird, Frauen würden stattdessen als fleißig wahrgenommen und für Fleiß wird weniger gezahlt.
In ihrer publizistischen Tätigkeit dominierten in der Vergangenheit soziologische und juristische Themen. Doch ihr neues Buch mit dem Titel „Spiel mit mir“ bricht aus dem altgewohnten Genre aus und erzählt eine viel persönlichere Geschichte aus der Perspektive einer Insiderin des Kunstmarktes, so bezeichnet Hanten-Schmidt ihr Werk auch als „das Insiderbuch“. Bei dieser Betitelung würden Menschen meistens annehmen, es erwartet sie etwas Negatives und Reißerisches, erzählt die Autorin. „Aber ich bin ja selbst Teil des Systems und mag da auch Leute und vor allem die Kunst“, erklärt sie, es ginge darum, eher um einen Einblick in den „opaken Zirkel der Kunst“, um welchen sich all die Märchen und Sagen ranken würden.
Hanten-Schmidt liest abwechselnd einzelne Passagen aus ihrem Buch vor und ordnet diese ein, erzählt Geschichten um die Ereignisse herum und geht auf das Publikum ein. Dieses hört gebannt zu und ist offensichtlich fasziniert von der Frau, die vor ihm steht, was an dem immer wieder aufkommenden Gelächter und zustimmenden Zwischenrufen deutlich wird.
Auf dem Kunstmarkt würde man immer noch glauben, dass gute Kunst nur im Zusammenhang mit persönlichem Leid entstehen könne, erzählt Sasa Hanten-Schmidt. Das sieht sie anders. „Ich ziehe jetzt von Stadt zu Stadt und verbreite, dass ich glaube, dass man auch ein glücklicher Mensch mit intaktem leben sein kann und trotzdem Künstler“, erklärt sie.
Sasa Hanten-Schmidt ist Atelierleitung einer Künstlerin und mit dem Kunstmarkt und seinen Eigenheiten vertraut. Ein Phänomen des Marktes sei es, dass allen stets unterstellt werden würde, dass sie lieber etwas anders seien als sie sind. Personen im Management wären lieber Künstler, weibliche Künstlerinnen hätten es als Mann einfacher und wären dementsprechend lieber männlich…lediglich Künstler blieben verschont.
Wenn man Sasa Hanten-Schmidt allerdings eine Sache glaubt, dann, dass sie genau das ist, was sie sein will. Genau so konnte sie in ihrer Lesung das Publikum mit ihren authentischen und spannenden Geschichten aus ihrem faszinierenden Leben überzeugen. Das Interesse an ihrer Person wurde sichtbar erweckt, was man auch an der noch sehr lange andauernden Frage- und Gesprächsrunde erkennen konnte, mit welcher ihr Besuch in Friedrichshafen ausgeklungen wurde.