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Proefessor Dr. Rick Vogel ist seit dem Frühjahrssemester 2012 Inhaber des Lehrstuhls für Public Management & Public Policy an der Zeppelin Universität. Seine derzeit wichtigsten Arbeitsgebiete sind Public Sector Leadership, Mixed Governance und institutioneller Wandel im öffentlichen Sektor. Rick Vogel habilitierte sich 2011 an der Universität Hamburg und erhielt die Venia Legendi für Betriebswirtschaftslehre. Seine externe Promotion schloss er 2005 an der Bergischen Universität Wuppertal mit Auszeichnung nach dem dortigen Studium der Wirtschaftswissenschaft ab. Sieben Jahre war Vogel zudem als Organisationsberater tätig.
Prof. Dr. Rick Vogel und Doris Masal, Akademische Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Public Management & Public Policy, haben sich in einer konzeptionellen Studie mit der Frage beschäftigt, was Public Sector Leadership von Führung in der Privatwirtschaft unterscheidet. Eines der Ergebnisse: Die öffentliche Verwaltung sollte ihre Identität auch im Hinblick auf die Führungskultur bewahren und nicht blind der vermeintlich überlegenen Privatwirtschaft folgen.
Vogel, R. & Masal, D. (2012). ‘Public Sector Leadership. Wie schädlich sind Konzepte der Privatwirtschaft für den öffentlichen Sektor?‘ Austrian Management Review (in press).
Der öffentliche Dienst muss künftig mit weniger Personal wachsende Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger erfüllen. Inwieweit kann dabei guter Führungsstil Personalabbau wett machen?
Professor Dr. Rick Vogel: Viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst beklagen sich über ein monotones Arbeitsumwelt und freuen sich über größere Kompetenzbereiche. Deshalb muss Personalabbau nicht grundsätzlich negative Folgen für Stelleninhaber haben. Wo aber mit dem Aufgabenvolumen auch der Leistungsdruck steigt, können Motivationsprobleme auftreten. Dann kann der richtige Führungsstil helfen, dass die Motivation der Beschäftigten nicht abfällt. Umgekehrt ist schlechte Personalführung der häufigste Grund für psychische Krankheiten, Absentismus und erhöhte Kündigungsbereitschaft.
Welche Konsequenzen hat der Service Publique-Aspekt des öffentlichen Dienstes für den dortigen Führungsstil?
Vogel: Die Forschung hat gezeigt, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst über eine andere Motivlage verfügen als Mitarbeiter in der Privatwirtschaft. Sie tendieren zu einer stärkeren Gemeinwohlorientierung und einem größeren politischen Interesse. Das ist auf einen Selektions- und einen Sozialisationseffekt zurückzuführen: Zum einen entscheiden sich von vornherein Menschen mit bestimmten Motivlagen für eine Karriere im öffentlichen Dienst, zum anderen nehmen diese Orientierungen im Verlauf der Karriere noch zu. Diese Besonderheiten müssen Führungskräfte berücksichtigen. Es gibt keine „one size fits all“-Führung.
Was könnten in Fragen der Führung Privatunternehmen allen Unkenrufen zum Trotz vom öffentlichen Dienst lernen – und was der öffentliche Dienst von Privatunternehmen?
Vogel: Der öffentliche Dienst kann von der Privatwirtschaft lernen, dem Thema Führung generell einen angemessenen Stellenwert einzuräumen. Im öffentlichen Sektor wird noch immer deutlich weniger in die Führungskräfteentwicklung investiert als in privaten Unternehmen. Allerdings sollte man vorsichtig damit sein, Führungskonzepte aus der Privatwirtschaft auf den öffentlichen Dienst zu übertragen. Extrinsische Leistungsanreize können die intrinsische Motivation des öffentlichen Dienstes untergraben und dann genau den gegenteiligen Effekt erreichen als beabsichtigt. In dieser Hinsicht kann die Privatwirtschaft vielleicht noch etwas von der öffentlichen Verwaltung lernen: Exzessive Leistungsanreize in Form von variablen Vergütungsbestandteilen haben ihren Teil zur Finanzkrise beigetragen. Die Führungsinstrumente der öffentlichen Verwaltung sind mit extrinsischen Anreizen deutlich zurückhaltender.
Wie stark sind Akteure des öffentlichen Sektors an Untersuchungen wie diesen interessiert – erkennen Sie einen Trend?
Vogel: Das allgemeine Interesse an Führungsfragen wächst. Es gibt in dieser Hinsicht aber auch viel Nachholbedarf, weil das Thema gerade in Deutschland lange vernachlässigt wurde. Hinzu kommen schlagzeilenträchtige Großprojekte – Stichwort Nürburgring, BER und Elbphilharmonie –, die spektakulär in Krisen gerutscht sind. Diese Fälle lassen sich allesamt auch als Führungsversagen interpretieren. Das gibt zusätzlich Rückenwind für die Führungsforschung.
Welche Hürden begegnen Ihnen gerade in diesem Bereich bei der Datenerhebung?
Vogel: Generell ist der öffentliche Sektor nicht überall für empirische Untersuchungen zugänglich. Das liegt daran, dass die Kultur der öffentlichen Verwaltung eher das Vermeiden von Fehlern als das Erreichen von Erfolgen belohnt. Der kritische Blick von Forschern ist deshalb nicht immer willkommen. Führungsforschung hat außerdem das spezielle Problem, dass sich die Selbstauskünfte von Führungskräften an sozialen Idealen orientieren und deshalb mehr oder weniger systematisch verzerrt sind. Führung ist aber immer ein zweiseitiger Prozess zwischen Führenden und Geführten. Deshalb ist es wichtig, Selbst- und Fremdbild von Führungskräften in der Datenerhebung zu berücksichtigen und die Perspektive der Mitarbeiter einzubeziehen.
In welchen Fällen sind die Ergebnisse der Untersuchungen diesem Bereich auch über nationale Grenzen hinweg verallgemeinerbar und in welchen nicht?
Vogel: Die einzelnen Verwaltungssysteme unterscheiden sich international relativ stark – sowohl strukturell als auch kulturell. Zum Beispiel weht in der angloamerikanischen Verwaltung ein viel stärkerer Unternehmergeist als in Kontinentaleuropa, wo die Verwaltung stärker in einer rechtsstaatlichen Tradition steht. Deshalb sind Verallgemeinerungen nur sehr begrenzt möglich. Außerdem fehlt uns noch eine ausreichende Vergleichsbasis, da es kaum international vergleichende Studien zu Public Sector Leadership gibt.
Bild: Rotes Rathaus in Berlin (oh-berlin.com / Flickr)