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Florian Muhle, geboren und aufgewachsen in Oldenburg, studierte einen Bachelor in Sozialwissenschaften und Erziehungswissenschaft und einen Master in Interdisciplinary Media Studies an der Universität Bielefeld. In seiner Promotion an der dort ansässigen Fakultät für Soziologie führte er „Sozialtheoretische und empirische Studien zu Grenzen der Akteursfähigkeit ‚sozialer Maschinen‘ in virtuellen Kommunikationsprozessen“ durch. In den Jahren nach seiner erfolgreich abgeschlossenen Promotion übernahm Florian Muhle mehrere leitende Positionen in internationalen Forschungsprojekten, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und von der VolkswagenStiftung gefördert wurden und an den Schnittstellen von Mediensoziologie, Politik und digitaler Kommunikation angesiedelt waren. Zwischenzeitlich habilitierte er an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld über „Formen und Grenzen personalisierter Adressenbildung in der Kommunikation“. Aufenthalte als Gastforscher führten Florian Muhle unter anderem an die Norwegian University of Science and Technology in Trondheim, an die Technische Universität Graz und an die Australian National University in Canberra.
Als der damalige CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet dabei beobachtet wurde, wie er zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt zu lachen begann – nämlich im Rücken von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, während dieser eine sentimentale Ansprache in Ahrweiler hielt –, da trendeten kurz danach zwei Hashtags auf Twitter: #laschetmussweg und #laschetlacht.
Die Hashtagschwemme suggerierte, dass ein ernstzunehmender Teil der Bevölkerung von Armin Laschet forderte, seine Kanzlerkandidatur aufzugeben. Sie suggerierte auch, dass tausende Menschen sich lautstark beteiligten. Sie gaukelte eine Realität vor, die es nicht gab.
Ungefähr 20.000 Twitteraccounts beteiligten sich an der explosionsartigen Verbreitung dieses Hashtags.
Es ist mehr als naheliegend, dass dieser aktivste Account und viele andere der hochaktiven Accounts nicht von Menschen betrieben wurden, sondern automatisiert von Maschinen. Was sagt das über die Hashtagschwemme aus? Bildet sie wirklich die Realität ab? Oder ist es eine zu großen Teilen künstlich erzeugte Kampagne, die von wenigen Akteuren gezielt lanciert wurde, um Laschet zu Fall zu bringen? Um Medien. Und Politikschaffende in die Irre zu führen?
Diese Untersuchung hat Professor Dr. Florian Muhle, Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Digitale Kommunikation, in seiner Antrittsvorlesung im Februar an der Zeppelin Universität vorgelegt. Sie trägt den Titel: „Algorithmen, Bots und Computational Journalism – Kleines ABC des digitalen Strukturwandels der Öffentlichkeit“ und beschäftigt sich mit der Aussagefähigkeit von Zahlen und Statistiken im Internet.
In den USA gebe es Muhle zufolge Schätzungen, dass in Wahlkampfphasen etwa ein Drittel des Traffics in sozialen Medien von automatisieren Accounts ausgeht.
„Don’t trust numbers“, zieht Muhle folglich den Schluss. Glaub nicht den Zahlen. Denn wie seine Untersuchung zeigt, sind viele Nutzungsdaten im Internet nur mit allergrößter Vorsicht zu genießen. Wenn jedenfalls ein erheblicher Teil der Nutzerdaten dort künstlich erzeugt wird, verlieren Zahlen als Maßeinheit der Wirklichkeit jedwede Aussagekraft – und damit auch jedwede Magie.
Bilder im Text: Michael Scheyer