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Explodierende Baukosten, ungewisse Eröffnungstermine und bevorstehende Pleiten machen Steuerzahler wütend und bringen Politiker in Erklärungsnöte. Es scheint, als sei die öffentliche Hand recht grobmotorisch, wenn es um das Management von Großprojekten geht.
Beispiel Flughafen Wien: Die Fertigstellung des dritten Flughafenterminals mit dem Namen „Skylink“ verzögerte sich um mehr als vier Jahre, die Kosten überstiegen die veranschlagten Budgets um nicht weniger als 400 Millionen Euro. Damit nicht genug: Unmittelbar nach der Inbetriebnahme wurde klar, dass es Nachbesserungsarbeiten in Millionenhöhe geben muss. Mitarbeiter klagen über unzureichende Sicherheitsvorkehrungen, Passagiere bemängeln kilometerlange Fußwege („Skylink-Marathon“) und unüberwindbare Barrieren für Behinderte. All das erinnert frappierend an die Hiobsbotschaften, die regelmäßig vom neuen Flughafen Berlin-Brandenburg berichtet werden.
Bevor die üblichen Ressentiments gegen Politik und Verwaltung bedient werden, muss nüchtern analysiert werden, welches Muster sich hinter diesen und anderen Fällen verbirgt. Für den österreichischen Rechnungshof ist der Fall des Flughafens Wien klar: Im „Skylink“-Projekt gab es keine stabile Projektorganisation; infolgedessen schlugen erhebliche Projektrisiken durch. Auch in anderen öffentlichen Großprojekten ist das Projektmanagement dramatisch unterentwickelt.
Warum? In Politik und Verwaltung treffen unterschiedliche Logiken aufeinander. Die politische Logik folgt vor allem kurzfristigen Wahlzyklen. Politiker sind an ihrer Wiederwahl interessiert und können mit der Vergesslichkeit des Wählers rechnen. Das macht es attraktiv, mit einem schillernden Großprojekt in der Öffentlichkeit zu glänzen, ohne langfriste Folgen zu bedenken. Allerdings haben Politiker auch weder die Qualifikation, noch ist es ihre Aufgabe, Projektkosten und -risiken professionell zu kalkulieren.
Dafür ist die Verwaltung zuständig. Sie überdauert Regierungswechsel und folgt einer Professionskultur, die mit allen Vor- und Nachteilen immer noch stark vom Ethos des deutschen Berufsbeamtentums geprägt ist. Managementfähigkeiten halten nur langsam Einzug in die Aus- und Weiterbildungsprogramme des öffentlichen Dienstes. Dabei erfordern Großprojekte, die über administrative Routinen hinausgehen, genau das: ein hochprofessionelles Management.
Darüber verfügen wiederum die privaten Unternehmen, mit denen die öffentliche Verwaltung in Großprojekten zusammenarbeitet. Entsprechend entsteht ein Kompetenzgefälle, das Baukonzerne geschickt zu ihren Gunsten auszunutzen wissen. Die Outsourcing-Forschung hat gezeigt, dass der Auftraggeber erhebliche Qualifikationen behalten muss, wenn er den Auftragnehmer kompetent steuern und kontrollieren will. Das erfordert gut ausgebildetes Personal in angemessenem Umfang.
Die öffentliche Verwaltung investiert deutlich weniger in die Führungskräfteentwicklung als die Privatwirtschaft. Die angeführten Beispiele zeigen, dass das vorhandene Potential der Mitarbeiter besser genutzt werden muss, um für Großprojekte gerüstet zu sein. Das erfordert es, Projekt-management systematisch in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für Führungskräfte der öffentlichen Verwaltung zu integrieren. Gemessen an den Mehrkosten der jüngsten Planungs- und Managementfehler wäre das gut investiertes Geld.
Bild: Bertram Rusch