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Greta Husemann ist in einem Neubaugebiet in München aufgewachsen. Ihre Mutter war und ist Hauptverdienerin, ihr Vater kümmerte sich als Hausmann um den Haushalt und die Kinder. „Ich habe zu beiden aufgeblickt: zu meiner Mutter, weil sie mich als starke und unabhängige Frau inspiriert hat, und zu meinem Vater, weil er sich immer die Zeit für mich und meine Interessen, Probleme und vielen Fragen genommen hat. Und beide haben mich angespornt, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und Neues auszuprobieren“, bemerkt Husemann.
Aus eigener (Glaubens-)Überzeugung ließ sie sich konfirmieren. „In der christlichen Gemeinde habe ich erstmals entdeckt, wie wichtig für mich der Zusammenhalt, aber auch die Möglichkeit ist, sich selbst und eigene Projekte zu verwirklichen“, erzählt Husemann. Also blieb sie dabei und begleitete als Jugendleiterin die nächsten Generationen von Konfirmandinnen und Konfirmanden in ihrer persönlichen Entwicklung, organisierte Fahrten und gestaltete den Konfirmandenunterricht.
Als sie in der Hochphase der Migrationsbewegung 2015/16 die Bilder von Tausenden Geflüchteten am Münchner Hauptbahnhof sah, wusste sie, dass sie sich engagieren musste. Im Gespräch mit ihrer Pastorin erfuhr sie von dem interkulturellen (Foto-)Projekt „YouthBridge“, bei dem sich geflüchtete und Münchner Jugendliche begegnen und voneinander lernen. Aus dem Projekt ging „YouthNet“ hervor: ein interreligiöses und interkulturelles Netzwerk, dessen Initiatorin ihr Elternhaus als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung stellt. Als Mentorin unterstützte Greta Husemann neue Projektjahrgänge bei der Programmgestaltung und wirkte als Co-Leitung bei Netzwerktreffen. „Ziel war und ist es, geflüchteten Minderjährigen die Integration in unsere Gesellschaft zu erleichtern und persönliche Verbindungen der Jugendlichen unterschiedlicher kultureller und religiöser Hintergründe zu fördern“, beschreibt Husemann, die sich in einem Münchner Ankerzentrum ein Bild von der Situation von geflüchteten Erwachsenen machte.
Mit dem Abiturzeugnis erhielt Greta Husemann einen Preis für spezielles Engagement in der Schulgemeinschaft. Gewürdigt wurde dabei ihr breites und langfristiges Engagement: So brachte sie sich in der Schülervertretung ein, verantwortete bei Schulveranstaltungen die Technik und leitete ein Schulcafé. „Dass ich mich engagiere, hat zum einen mit dem Gefühl zu tun, Verantwortung übernehmen zu müssen für mein eigenes Handeln, meine Mitmenschen und die Welt, und zum anderen mit meinen vielfältigen Interessen“, verrät Husemann. Spätestens beim Aufzählen ihrer Lieblingsfächer wird das deutlich – von Englisch über Geschichte bis hin zu Kunst.
Viele Interessen und viele Optionen machten die Studienwahl zu einem schwierigen Unterfangen. Der Heureka-Moment kam für Greta Husemann, als sie auf einer Studienmesse einen Stand einer Universität entdeckte, an der mehrere Fächer gleichzeitig studiert werden können: die ZU. „Das kam mir natürlich sehr entgegen, denn ich musste mich damit nicht mehr nur für ein Fach entscheiden. Neben der breiten Fächerkombination hat mich vor allem begeistert, dass Engagement an der ZU einen festen Platz im Alltag hat“, berichtet Husemann. Aber es waren nicht nur die Begegnungen am Messestand, die ihr bis heute in Erinnerung geblieben sind, sondern auch der Auswahltag auf dem Campus. „Beeindruckend war vor allem, wie viel Zeit sich die Menschen an der ZU für einen genommen und wie viel Interesse sie an meinem Leben gezeigt haben“, berichtet Husemann.
Wohl aufgrund der Lebensentwürfe ihrer Eltern – die Mutter im Marketing tätig, der Vater studierter BWLer –, entschied sich Greta Husemann mehr unbewusst als bewusst für den CME-Bachelor, was nicht nur im Auswahlgespräch Verwirrung stiftete. „Das war eine Kopfentscheidung, mein Herz sagte etwas anderes“, erinnert sich Husemann, die schließlich auf ihr Herz hörte und nach dem ersten Studienjahr in den SPE-Bachelor wechselte.
Eine Konstante dagegen war ihr Engagement in der Hochschulpolitik: Als Sprecherin des Zeppelin-Jahres, SPE-Programmschaftssprecherin und studentische Senatorin durchlief sie vom ersten bis zum sechsten Semester mehrere hochschulpolitische Ämter: „Bei mir war es nicht nur die Freude, studentische Interessen zu vertreten und universitäre Themen anzustoßen, sondern auch die Neugierde, mehr darüber zu erfahren, was hinter den Kulissen der Universität passiert, was in Gremien verhandelt und entschieden wird und warum die Dinge so sind, wie sie sind.“ Während ihrer Zeit als studentische Senatorin gab es neben zukunftsweisenden Themen wie Nachhaltigkeit und Reakkreditierung ein die Gegenwart bestimmendes Thema: der Umgang der Universität mit der Coronapandemie, die viele Pläne von Greta Husemann und ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern über den Haufen warf. „Wir waren viel damit beschäftigt, wie wir in der Coronazeit das studentische Leben organisieren und wie wir unseren Kommilitoninnen und Kommilitonen das Studieren nicht nur ermöglichen, sondern auch erleichtern“, bemerkt Husemann.
In ihrem eigenen Studium standen stets gesellschaftspolitische Fragen im internationalen Kontext im Fokus. „In den höheren Semestern haben sich dann Entwicklungszusammenarbeit, Konflikt- und Friedensforschung sowie Gender und internationale Menschenrechte als Schwerpunktthemen herausgebildet“, beschreibt Husemann. Gezielt nutzte sie ihr Auslandssemester an der renommierten University of California, Berkeley, um sich in diesen Themenfeldern akademisch weiterzubilden. „Konkret habe ich mich sowohl im ZU-Studium als auch im Auslandssemester etwa damit beschäftigt, wie es in verschiedenen Ländern um die Rechte von Frauen im Bereich der reproduktiven Gesundheit steht, welchen Einfluss koloniale Strukturen auf die aktive Zivilgesellschaft eines Landes haben oder wie wirksam und effektiv Peacekeeping-Missionen sind“, erklärt Husemann.
Um einen Rundumblick davon zu bekommen, wie Entwicklungszusammenarbeit in der Praxis gestaltet wird, machte Greta Husemann ein Praktikum im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Berlin. „Besonders spannend war es zu beobachten, wie die neue Schwerpunktsetzung einer Bundesministerin durch alle Ebenen eines Staatsapparates sickert und was dies für Projekte, aber auch die Zusammenarbeit mit den Partnerländern und Partnerorganisationen bedeutet“, erwähnt Husemann.
Zwischen Theorie und Praxis hat Greta Husemann an einem Bildungs- und Gründungsprogramm der Stiftung der Deutschen Wirtschaft mitgewirkt, bei der sie Stipendiatin ist. „Meine Teammitglieder und ich haben erkannt, dass kleine und mittelständische Unternehmen oftmals nicht über die notwendige Expertise und Ressourcen verfügen, was Diversität, Vielfalt und Inklusion angeht“, erzählt Husemann. „Daraus ist die Idee entstanden, diesen Unternehmen mittels digitaler Lösungen Methoden an die Hand zu geben, wie sie Diversität, Vielfalt und Inklusion in ihre Unternehmenskultur integrieren und damit Diskriminierung abbauen können – aus dieser Idee ist inzwischen mit ,VISIUN‘ ein Start-up-Projekt geworden.“
Ihre Vision für die nähere Zukunft: „Bevor ich ein Masterstudium in Peace and Conflict Studies aufnehme, möchte ich nach dem Bachelor erst einmal die Gelegenheit nutzen, um in verschiedenen Organisationen weitere Einblicke in die Denk- und Arbeitsweisen der Entwicklungszusammenarbeit und der Friedens- und Konfliktforschung zu gewinnen.“