Die Renaissance der Atombombe
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GlobalTalk mit Werner Sonne

Die Renaissance der Atombombe

von Paulina Kintzinger | freie Autorin
16.02.2018
Wir möchten doch transatlantisch bleiben!

Werner Sonne
Ehemaliger ARD-Korrespondent in Washington
 
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    Zur Person
    Werner Sonne

    Werner Sonne schrieb schon als 15-jähriger Schüler für die lokale Zeitung in Leverkusen. Von der Zeitung kam er zum Hörfunk und schließlich zum Fernsehen. Als ARD-Korrespondent berichtete er aus Washington, Warschau und dem Hauptstadtstudio Berlin. Bis zu seinem Ruhestand 2012 war er Korrespondent des „ARD-Morgenmagazins“. 

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Deutschland gehöre nicht zu den Tauben, betont der langjährige ARD-Korrespondent in Washington, Journalist und Autor Werner Sonne, während er am 7. Februar als Gast des Club of International Politics e.V. im Graf-von-Soden-Forum der Zeppelin Universität spricht. Der Fokus liegt an jenem Abend auf den Entwicklungen transatlantischer Beziehungen als Reaktion auf die US-Sicherheitsstrategie unter Donald Trump und eine Wiederkehr von Atombomben. Droht eine Aufrüstung wie im Kalten Krieg?


„Die Bayern haben Schuld“ an den gereizten internationalen Beziehungen im Jahre 2018, stellt Werner Sonne zu Anfang seines Vortrages fest. Hätten diese den Großvater des heutigen US-Präsidenten, nachdem er 1858 aus Amerika zurückkam, nicht wegen des geschwänzten Militärdienstes zurück in die USA geschickt, sondern in der kleinen Gemeinde Kallstadt in der linksrheinischen Pfalz, welche damals noch zum Königreich Bayern gehörte, wieder aufgenommen, dann wäre Donald Trump heute vielleicht im Dschungelcamp oder maximal Bürgermeister von Kallstadt – hätte jedoch keine Atomwaffen zur Verfügung.

Werner Sonne, Jahrgang 1947, begann seine journalistische Ausbildung beim Kölner Stadt-Anzeiger, sammelte weitere Erfahrung bei der Agentur UPI in Bonn und wechselte schließlich in die Hörfunksparte des WDR. Dort wurde er Reporter der „Aktuellen Abteilung“ und berichtete als Korrespondent aus den Studios in Bonn und Washington. 1981 kam er zur Fernsehsparte des WDR. Dort nahm er mehrere Aufgaben wahr. Unter anderem war er Sonderkorrespondent bei „ARD aktuell“ in Hamburg und stellvertretender Chefredakteur der Landesprogramme im WDR-Fernsehen. Als Auslandskorrespondent und Studioleiter berichtete er aus Bonn, Washington und Warschau. Außerdem war Werner Sonne beim ARD/ZDF-Informationskanal Phoenix Moderator der Sendung „Schwerpunkt“. 1999 wurde er TV-Korrespondent im ARD-Hauptstadtstudio Berlin. Im Juli 2004 wurde Sonne Korrespondent beim „ARD-Morgenmagazin“. Am 8. Juni 2012 verabschiedete sich Sonne in den Ruhestand.
Werner Sonne, Jahrgang 1947, begann seine journalistische Ausbildung beim Kölner Stadt-Anzeiger, sammelte weitere Erfahrung bei der Agentur UPI in Bonn und wechselte schließlich in die Hörfunksparte des WDR. Dort wurde er Reporter der „Aktuellen Abteilung“ und berichtete als Korrespondent aus den Studios in Bonn und Washington. 1981 kam er zur Fernsehsparte des WDR. Dort nahm er mehrere Aufgaben wahr. Unter anderem war er Sonderkorrespondent bei „ARD aktuell“ in Hamburg und stellvertretender Chefredakteur der Landesprogramme im WDR-Fernsehen. Als Auslandskorrespondent und Studioleiter berichtete er aus Bonn, Washington und Warschau. Außerdem war Werner Sonne beim ARD/ZDF-Informationskanal Phoenix Moderator der Sendung „Schwerpunkt“. 1999 wurde er TV-Korrespondent im ARD-Hauptstadtstudio Berlin. Im Juli 2004 wurde Sonne Korrespondent beim „ARD-Morgenmagazin“. Am 8. Juni 2012 verabschiedete sich Sonne in den Ruhestand.

Da dies jedoch nicht der Fall ist, beschäftigen sich Politiker und Experten für Außen- und Sicherheitspolitik – zu Letzteren zählt Werner Sonne zählt – im Jahre 2018 wieder verstärkt mit der drohenden Gefahr durch Atomwaffen. Gegensätzlich zu der Vermutung, dieses Problem sei mit dem Ende des Kalten Krieges verschwunden, berichtet Sonne von nach wie vor etwa 15.000 Atomsprengkörpern, die auf lediglich neun Nationen aufgeteilt sind, wobei den Vereinigten Staaten und Russland 90 Prozent davon zustehen. Deutschland sei zwar „kein atomares Pulverfass mehr“, doch auch in der Eifel liegen Atomwaffen mit der 26-fachen Sprengkraft der Hiroshima-Bombe. Ihre Verfügung untersteht der US Air Force und diese wiederum dem US-Präsidenten.


Doch nicht nur ihre Existenz und Verfügung wirkt bedrohlich, sondern insbesondere die „Renaissance der Atombombe“, die sich aus der US-Sicherheitsstrategie der vergangenen Jahre lesen lässt. Schon unter Obama wurde eine Modernisierung der Atomwaffen ins Auge gefasst, konkreter ist von der Entwicklung kleinerer Atomwaffen in einem Pentagon-Papier zur Atomwaffendoktrin zur Abschreckung Russlands die Rede. Im gleichen Dokument, welches unter der Regierung von Trump bestätigt wurde, werden Russland, China, Nordkorea, Iran und Terroristen als die fünf Schlüsselopponenten im Bereich der amerikanischen Sicherheit gelistet, die es abzuschrecken gilt.

Den USA positiv anzurechnen ist die Bereitschaft zu verhandeln und die angestrebte Kooperation mit der westlichen Allianz, der NATO, in Fragen der Nuklearwaffen. Der fünfte Artikel des Nato-Vertrages – in welchem Abschreckung als legitimes Mittel für Sicherheit im 21. Jahrhundert deklariert wird – wurde zuletzt beim NATO-Gipfel in Warschau mit breiter Unterstützung Deutschlands bestätigt. Auf Initiative der OEWG-Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen hin entstand im Frühjahr 2017 ein Atomwaffen-Verbotsvertrag, das Deutschland vehement ablehnte – damit gehörte es allerdings zu einer Minderheit. Zur gleichen Zeit verkündete eine Pressesprecherin des Außenministeriums, dass die Bundesregierung für eine atomfreie Welt stehe und sich in allen Foren, in denen das Thema debattiert wird, dementsprechend positionieren und sich dafür einsetzen werde.


Diese Unentschlossenheit findet sich auch in den Koalitionsverhandlungen, da sich Martin Schulz zuerst dem Ziel einer atomfreien Welt aussprach, dann jedoch im Zuge der Verhandlungen für „Rüstung und Kontrolle als primäres Ziel der Außen- und Sicherheitspolitik“ stimmte. Weiter steht im Koalitionsvertrag, dass Deutschland die Abschreckung in Form von Kernwaffen unterstützt und sich daran beteiligen möchte – Abrüstungsgespräche dagegen seien nur im Falle von erfolgreichen Verhandlungen möglich. Dafür müssen Gespräche erst einmal erfolgreich verlaufen, kritisiert auch Sonne an dieser Stelle. Auch die Semantik von „Rückversicherung“ zu „Abschreckung“ erinnere an ein Aufrüsten wie im Kalten Krieg. Deutschland hat zwar seit 1945 keine alleinige Verfügung über atomare Sprengkörper, aber nimmt deutlich Stellung.

Im Oktober 2018 wird es ernst: Dann beginnt das Haushaltsjahr 2019 – und in dem hat US-Präsident Donald Trump Großes vor! Dem Entwurf zufolge werden „24 Milliarden Dollar für das US-Verteidigungsministerium für Modernisierung und Aufrechterhaltung der Nuklearen Triade angefordert“. Während die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahrzehnt die Welt bei der Reduzierung von Atomwaffen angeführt haben, habe jeder potenzielle Gegner sich um das genaue Gegenteil bemüht, monierte Vizeenergieminister Dan Brouillette kürzlich bei der Vorstellung der neuen Atom-Doktrin im Pentagon. Die Lösung: Man will mehr Waffen von geringerer Sprengkraft entwickeln, die in begrenzten Konflikten eingesetzt werden können. Langfristig soll auch eine neue seegestützte Cruise Missile produziert werden, die von U-Booten abgeschossen wird.
Im Oktober 2018 wird es ernst: Dann beginnt das Haushaltsjahr 2019 – und in dem hat US-Präsident Donald Trump Großes vor! Dem Entwurf zufolge werden „24 Milliarden Dollar für das US-Verteidigungsministerium für Modernisierung und Aufrechterhaltung der Nuklearen Triade angefordert“. Während die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahrzehnt die Welt bei der Reduzierung von Atomwaffen angeführt haben, habe jeder potenzielle Gegner sich um das genaue Gegenteil bemüht, monierte Vizeenergieminister Dan Brouillette kürzlich bei der Vorstellung der neuen Atom-Doktrin im Pentagon. Die Lösung: Man will mehr Waffen von geringerer Sprengkraft entwickeln, die in begrenzten Konflikten eingesetzt werden können. Langfristig soll auch eine neue seegestützte Cruise Missile produziert werden, die von U-Booten abgeschossen wird.

Während erfolgreiche Abrüstungsgespräche anstehen, wird bei der deutschen Luftwaffe und im Ministerium von Ursula von der Leyen heftig über die Modernisierung der vorhandenen Atomwaffen und ihrer Tüchtigkeit gestritten. Als Alternative zum fast 60 Jahre alten „Tornado“ steht ein amerikanisches Modell und der Euro-Fighter. Die Abwägung zwischen beiden klingt stark nach Auf- anstatt Abrüstung.


„Die Entscheidung der US-Regierung für neue taktische Atomwaffen zeigt, dass die Spirale eines neuen atomaren Wettrüstens bereits in Gang gesetzt ist“, erklärte Außenminister Sigmar Gabriel Anfang 2018, doch auch Deutschland gehört nicht zu den Tauben in dieser Sache.


Die geopolitische Lage verändere sich momentan zu stark, um Atomwaffen als Spielzeug zu benutzen. Der Experte und Gast Werner Sonne rät am Mittwochabend zur Ruhe und dazu, sich auf die Gemeinsamkeiten mit den USA zu besinnen – „Wir möchten doch transatlantisch bleiben!“

Titelbild (960 x 330):

| WikiImages / Pixabay.com (CC0 Public Domain) | Link


Titelbild (300 x 330):

| ParentRap / Pixabay.com (CC0 Public Domain) | Link


Bilder im Text:

| Niklas Hoffmann / Club of International Politics e.V.

| Gage Skidmore / flickr.com (CC BY-SA 2.0) | Link


Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

Leserbrief
Atomare Aufrüstung
Sabine Effenberger | 22.02.2018

Es macht Angst zu lesen, dass der gegenwärtige US-Präsident die Verfügungsgewalt über die in der Eifel lagernden Atomwaffen besitzt, da dieser für unüberlegte Handlungen bekannt ist. Man kann nur hoffen, dass er gute und rational denkende Berater um sich hat, die ihn vor emotionalen Kurzschlüssen bewahren. Deutschland sollte in der Atomfrage expliziter Stellung beziehen und sich von den USA deutlicher abgrenzen.


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