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Das Ende des Homeoffice-Mythos
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Corona und Arbeitswelt

Das Ende des Homeoffice-Mythos

von Dr. Laura Bechthold | Zeppelin Universität
08.07.2020
Nach anfänglichen Schwierigkeiten berichten viele von einer enormen Produktivitätssteigerung durch die Ruhe und eine bessere Work-Life-Balance durch die freie Zeiteinteilung. Den Mythos, dass im Homeoffice weniger oder gar nicht gearbeitet wird, können wir also definitiv entkräften.

Dr. Laura Bechthold
Postdoktorandin am Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen | FIF
 
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    Zur Person
    Dr. Laura Bechthold

    Dr. Laura Bechthold ist seit Oktober 2019 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen | FIF. Neben ihrer Tätigkeit am FIF ist sie als Beraterin bei Philoneos tätig und begleitet Familienunternehmen bei Innovations- und Transformationsprozessen. Sie absolvierte von 2007 bis 2011 ihren Bachelor in Corporate Management and Economics an der Zeppelin Universität und ging anschließend für den Master in Nachhaltigkeitswissenschaften an die Universität Maastricht. Ihre Promotion führte Sie anschließend nach München: Während Sie am Center for Digital Technology & Management (CDTM) als Dozentin und Programmkoordinatorin tätig wär, forschte sie am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb zum Thema „Female Entrepreneurship“, absolvierte einen Master of Business Research an der LMU München und war für einen mehrmonatigen Forschungsaufenthalt an der UC Berkeley, Kalifornien.

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    Factbox
    Zum Weiterlesen: Die Studie „How are you today?“

    Die Schließung vieler Einrichtungen des öffentlichen Lebens, die flächendeckende Einführung von Homeoffice sowie die Empfehlung zur sozialen Distanzierung im Rahmen der Corona-Pandemie hat weitreichende gesellschaftliche Folgen. Das Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen | FIF möchte diese unsichere Zeit wissenschaftlich mit einer Tagebuchstudie begleiten. Gemeinsam wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Dr. Laura Bechthold persönliche Erfahrungen in Bezug auf soziale Distanzierung und Homeoffice während der Corona-Pandemie erfassen, um daraus für die Zukunft zu lernen. 

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Viele Unternehmen mussten zu Beginn der Corona-Pandemie ihre gewohnten Arbeitsweisen radikal umstellen und waren gezwungen, innerhalb kurzer Zeit zu schließen und die Mitarbeitenden auf unbestimmte Zeit ins Homeoffice zu schicken. Um die individuellen Erfahrungen und Auswirkungen dieser Umstellung auf den Arbeitsalltag zu erforschen, hat das Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen | FIF der Zeppelin Universität in Kooperation mit dem mittelständischen Unternehmen Mercateo während der Hochphase der Pandemie eine sogenannte „Tagebuchstudie“ durchgeführt. Erste Ergebnisse belegen, dass Homeoffice entscheidende Vorteile hat.


Im Rahmen der Tagebuchstudie wurden alle Mitarbeitenden des Unternehmens im Zeitraum März bis Mai 2020 insgesamt 16 Mal befragt. Die Befragung umfasste verschiedene Themenbereiche wie das individuelle Wohlbefinden, die Produktivität im Homeoffice, die Zusammenarbeit im Team oder die Bewertung der Unternehmensführung in Sachen Krisenmanagement. Dabei wurde ein Mix aus quantitativen Fragebogenelementen und offenen Fragen in Form von Tagebucheinträgen gewählt. Insgesamt kamen so mehr als 2.200 Tagebucheinträge von mehr als 250 Mitarbeitenden an verschiedenen nationalen und internationalen Standorten zusammen.


Initiiert wurde die Tagebuchstudie von Dr. Laura Bechthold, die seit einigen Monaten Postdoktorandin am FIF ist und sich derzeit um die Auswertung der Ergebnisse kümmert: „Als starken Trend sehen wir, dass Menschen auch zukünftig mehr im Homeoffice arbeiten möchten. Nach anfänglichen Schwierigkeiten berichten viele von einer enormen Produktivitätssteigerung durch die Ruhe und eine bessere Work-Life-Balance durch die freie Zeiteinteilung. Den Mythos, dass im Homeoffice weniger oder gar nicht gearbeitet wird, können wir also definitiv entkräften.“

Der Trend zum mobilen Arbeiten – vor allem, wenn er dauerhaft anhalten sollte – wird auch Deutschlands Groß- und Innenstädte dauerhaft verändern. Denn klotzige Bürotürme könnten bald der Vergangenheit angehören oder zumindest dauerhaft leerstehen. Walter Sinn, Deutschland-Chef des Beratungsunternehmnens Bain & Company, geht sogar davon aus, dass künftig 20 bis 30 Prozent der Büroarbeitsplätze in Deutschland überflüssig werden. Nach Berechnungen der Berater dürften in den nächsten fünf bis sieben Jahren zwischen drei und fünf Millionen Angestellte ihren Arbeitsplatz nach Hause verlegen. Und diese Tendenz scheint für alle Beteiligten Vorteile zu bergen: Firmen können bei ihren Mitarbeitern punkten und gleichzeitig Kosten sparen.
Der Trend zum mobilen Arbeiten – vor allem, wenn er dauerhaft anhalten sollte – wird auch Deutschlands Groß- und Innenstädte dauerhaft verändern. Denn klotzige Bürotürme könnten bald der Vergangenheit angehören oder zumindest dauerhaft leerstehen. Walter Sinn, Deutschland-Chef des Beratungsunternehmnens Bain & Company, geht sogar davon aus, dass künftig 20 bis 30 Prozent der Büroarbeitsplätze in Deutschland überflüssig werden. Nach Berechnungen der Berater dürften in den nächsten fünf bis sieben Jahren zwischen drei und fünf Millionen Angestellte ihren Arbeitsplatz nach Hause verlegen. Und diese Tendenz scheint für alle Beteiligten Vorteile zu bergen: Firmen können bei ihren Mitarbeitern punkten und gleichzeitig Kosten sparen.

Wenn man die Ergebnisse tiefergehend betrachtet, so lässt sich aber auch erkennen, dass beispielsweise der Zusammenhalt im Team über die Zeit im Homeoffice zurückgeht und Mitarbeitende ein klares Bedürfnis nach informellen Austauschmöglichkeiten über fachbezogene Themen hinweg haben. „Das sind hochinteressante Erkenntnisse für die Zukunft der Arbeit, wobei Unternehmen das Wohlbefinden und die Produktivität ihrer Mitarbeiter positiv beeinflussen können, indem eine Balance zwischen Büro- und Homeoffice-Möglichkeiten geschaffen wird. Das hat dann auch Implikationen für unser Verständnis, wie das ‚Büro der Zukunft‘ aussehen könnte“, bemerkt Bechthold.


Was die Stressfaktoren im Homeoffice betrifft, so waren es vor allem technische Probleme, welche die Mitarbeitenden während der Zeit beschäftigten. Außerdem zeigen die Ergebnisse eine Diskrepanz zwischen einzelnen Gruppen: Insbesondere bei Frauen aus Haushalten mit Kindern ist zu erkennen, dass diese das Gefühl haben, den Anschluss an das Team zu verlieren. Damit schließen sich die Ergebnisse der Tagebuchstudie an die aktuellen Mediendebatten rund um die Doppelbelastung von Müttern während der Corona-Pandemie nahtlos an.

Weitere Ergebnisse der Studie liegen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor. „Im nächsten Schritt werden wir noch viel Zeit investieren, um alle Daten genau zu analysieren. Unser Ziel ist es, generelle Stressfaktoren und Motivatoren im Homeoffice sowie Erfolgsfaktoren für digitale Teamarbeit und Führung abzuleiten. Diese Auswertungen sind aber sehr aufwendig, da wir alle Daten – sowohl die quantitativen als auch die qualitativen – im Zeitverlauf zusammenbringen müssen. Wir befinden uns also erst am Anfang“, berichtet Bechthold.


Der wissenschaftliche Leiter am FIF Professor Dr. Reinhard Prügl sagt: „Das besondere an der Studie ist, dass wir es mit einer einzigartigen Langzeitbeobachtung zu tun haben, die wir dank der unkomplizierten Zusammenarbeit mit dem Projektpartner schnell umsetzen konnten. Wir haben die Studie kurz vor dem Lockdown gestartet und die Mitarbeitenden bis zu den Lockerungen der Maßnahmen und der ersten Wiedereröffnung der Mercateo-Büros begleitet. Aus wissenschaftlicher Sicht erhoffen wir uns von der Tagebuchstudie neue Einblicke, wie Menschen in Homeoffice-Strukturen im Allgemeinen und in gesellschaftlichen Ausnahmesituationen im Speziellen effektiv arbeiten können.“

Zum Weiterlesen: Die Studie "How are you today?"


Titelbild: 

Agnieszka Boeske / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Bild im Text: 

| Sean Pollock / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Beitrag (redaktionell unverändert): Dr. Laura Bechthold

Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

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