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Katja Gollasch ist seit April 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin am The Open Government Institute | TOGI. Sie absolvierte ihr Bachelorstudium der Spanischen Studien und Rechtswissenschaften in Konstanz, bevor sie für ihr Masterstudium an der Zeppelin Universität in Politics, Administration and International Relations | PAIR auf die andere Seeseite wechselte. Durch Praktika in der öffentlichen Verwaltung im In- und Ausland wurde ihr Interesse an den vielfältigen Fragestellungen in den Bereichen Electronic Government, Open Government sowie Smart Government geweckt. Schnell rückte dies in den Fokus ihres Masterstudiums. In ihrer Masterthesis befasste Sie sich mit dem Konzept Open Government und analysierte seine Umsetzung durch den zweiten Nationalen Aktionsplan Deutschlands im Rahmen der Open Government Partnership.
Wie steht es um die Digitalisierung in der deutschen Verwaltung?
Katja Gollasch: Die Digitalisierung in der deutschen Verwaltung weist leider immer noch große Defizite auf. Insbesondere das Angebot von durchgehenden Onlineverfahren im Sinne von eGovernment beschränkt sich in vielen Bereichen und Behörden allein auf die Informationsgabe. Vollständige, interaktive, digitale Transaktionen zur ganzheitlichen Abwicklung von Verwaltungsverfahren werden erst nach und nach durch die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes und des Digitalisierungsprogramms vorangetrieben. Gleichzeitig sehen sich Beschäftigte im öffentlichen Dienst durch die Digitalisierung zusehends mit neuen Technologien, veränderten Abläufen und zunehmenden Anforderungen konfrontiert. Digitale Kompetenzen sind eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Umsetzung der Verwaltungsdigitalisierung.
Jetzt hat sich die Zeppelin Universität einem Projekt angeschlossen, das Abhilfe schaffen soll – der „Bildungs- und Weiterbildungsplattform eGovernment“. Was steckt dahinter?
Gollasch: Die „Bildungs- und Weiterbildungsplattform eGovernment“ (kurz: „eGov-Campus“) ist ein neu aufgesetztes Projekt. Es wurde vom IT-Planungsrat auf Vorschlag des Hessischen Digitalministeriums initiiert und wird mit 2 Millionen Euro aus dem von Bund und Ländern bereitgestellten Digitalisierungsbudget in 2020 und 2021 finanziert. Ziel ist es, ein hochwertiges, verwaltungsübergreifendes Bildungsangebot im Themenfeld eGovernment zu schaffen. Dies dient der Personalqualifizierung von aktuellen, aber auch zukünftigen Mitarbeitenden in der öffentlichen Verwaltung und wird auf innovative Formen und Formate des Lehrens und Lernens setzen.
Welchen konkreten Beitrag wollen Sie mit dem The Open Government Institute | TOGI leisten?
Gollasch: Das TOGI wird in einem Massive Open Online Course (MOOC) das Themenfeld Open Government behandeln. Open Government (zu Deutsch: offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln) bezeichnet einen Kulturwandel von Politik und Verwaltung hin zu mehr Transparenz, Partizipation der Zivilgesellschaft und Zusammenarbeit innerhalb des öffentlichen Sektors sowie mit Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft. Digitale Methoden im Bereich der Informations- und Kommunikationsdienste und offenen Daten eröffnen hier neuartige Möglichkeiten der Interaktion und der Offenlegung von Entscheidungen. Ziel von Open Government ist es, den offenen Austausch zwischen den Akteuren zu fördern, bestehendes Wissen aller Beteiligten effizienter zu nutzen und daraus gemeinwohlorientierten Nutzen und Mehrwert zu generieren. Auch soll das Vertrauen der Bevölkerung in Politik und Verwaltung durch die Teilhabe am politischen Geschehen gestärkt werden – ein Punkt, der insbesondere in Krisenzeiten verstärkt an Relevanz gewinnt.
Ein MOOC, also eine komplettes Onlinemodul, erfordert sicher einen ganz anderen Vorbereitungsansatz als ein klassisches Seminar, oder? Wie werden die Vorbereitungen für das Modul ablaufen?
Gollasch: Die Herausforderung bei der Erstellung eines reinen Onlinemoduls besteht darin, die Lehrinhalte so aufzubereiten, dass sie die Teilnehmenden abholen und mitnehmen – auch wenn kein direkter Austausch mit den Lehrenden möglich ist. Dafür müssen die Inhalte selbsterklärend und abwechslungsreich aufbereitet sein. Sie sollten zudem sinnvoll proportioniert werden, um die Lernenden nicht zu überfordern. Gleichzeitig sollte der Austausch zwischen den Teilnehmenden gewährleistet sein. Wir setzen daher auf unterschiedliche Ansätze und Lehrmethoden. Zum einen wird durch Videoeinheiten mit integrierten PowerPoint-Präsentationen die grundlegende Vermittlung der Lehrinhalte gewährleistet werden. Open-Government-Expertinnen und -Experten aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft bringen hier Impulse ein, um praxisnahe Problemstellungen zu beleuchten. Durch regelmäßige Übungseinheiten, Szenarien und Planspiele kann Gelerntes dann praktisch umgesetzt werden. Ein zentrales Element in der Vorbereitung des MOOC wird die Erstellung eines interaktiven Lehrbuches sein, das durch eine App Inhalte des Lehrbuchs mit elektronischen Zusatzinhalten verknüpft sowie ein digitales Karteikartensystem enthält. Ein Diskussionsforum ermöglicht Lernenden sich auszutauschen und Lerngruppen zu bilden.
Wen wollen Sie mit dem Open-Government-Kurs erreichen – und was können die Teilnehmenden daraus voraussichtlich lernen?
Gollasch: Unser MOOC richtet sich an Lernende, die über gute Grundkenntnisse der Verwaltungsorganisation und der Verwaltungsinformatik verfügen. Angesprochen werden also Bachelorabsolventinnen und -absolventen, die im Rahmen des „eGov-Campus“ einen weiterführenden Masterstudiengang beziehungsweise einen Executive Master an einer der beteiligten Universitäten und Hochschulen belegen. Die Teilnehmenden des MOOC Open Government setzen sich intensiv mit Konzepten zur Öffnung von Staat und Verwaltung auseinander. Dies umfasst vielfältige Fragestellungen vom Umgang mit Amts-, Dienst- und Staatsgeheimnissen, Informationsfreiheit und Transparenzgesetzen über die unterschiedlichen Stufen von Beteiligung der Zivilgesellschaft am politischen Geschehen bis hin zur internen Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung durch Unterstützung kollaborativer Werkzeuge. Die Öffnung von Datenbeständen, auch im Bereich des öffentlichen Finanz- und Haushaltswesens sowie Beteiligungshaushalte, sind ebenso Bestandteil wie die Aktivitäten Deutschlands im Rahmen der Open Government Partnership.
Sind Sie mit Ihrem Vorhaben nicht schon einen Schritt zu weit, wenn es darum geht, mehr Verständnis für den Umgang mit offenen Daten oder effektiver Bürgerbeteiligung zu schaffen? In vielen Verwaltungen hatten die Mitarbeiter nicht mal einen Laptop, um während der Corona-Pandemie aus dem Homeoffice zu arbeiten. Reicht die IT-Hardware-Ausstattung überhaupt für erfolgreiches Open Government?
Gollasch: Natürlich gibt es nach wie vor große Defizite bei der verfügbaren IT-Hardware der öffentlichen Verwaltung. Die Pandemie wirkt allerdings wie ein Katalysator und setzt gerade viele Kräfte und Mittel frei. Und genau deswegen braucht es in der Aus- und Weiterbildung von Verwaltungsmitarbeitenden und Führungskräften das Aufzeigen der Notwendigkeit von adäquater IT-Ausstattung und funktionierenden IT-Infrastrukturen sowie die Vermittlung der einzigartigen Chancen und Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Denn das Geld ist da – auch durch das jetzige Konjunkturpaket, das der digitalen Verwaltung einen kräftigen Schub geben soll. Es mangelt vielmehr an strukturellen Problemen, zu denen auch Beharrungskräfte zählen. Diese Bedenken müssen abgebaut werden, um den aktuellen IST-Zustand nachhaltig zu verbessern. Gleichzeitig müssen potenzielle Vordenkerinnen und Vordenker auch darin geschult werden, Problemstellungen frühzeitig zu erkennen und erfolgreich anzugehen.
Das Projekt eGov-Campus ist ein deutschlandweites Verbundprojekt. Wer ist außer der Zeppelin Universität noch daran beteiligt?
Gollasch: Die Zeppelin Universität arbeitet zusammen mit der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, der Technischen Universität München, der Universität Koblenz-Landau und der Universität Potsdam. Gemeinsam machen wir den Aufschlag für die erste Runde, in der von jedem Projektpartner ein Modul zu jeweils einer spezifischen Thematik im Bereich eGovernment erstellt wird. Die Entwicklung der Kurse wird wissenschaftlich unter anderem durch den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. sowie das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (Fraunhofer FOKUS) begleitet. Die Federführung für die Projektdurchführung liegt im Bereich der Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung in der Hessischen Staatskanzlei. Die Hochschule RheinMain übernimmt die inhaltliche Koordinierung und die Entwicklung der Website der Plattform in Kooperation mit dem KI-Campus. Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster wird neben der Modulentwicklung und der Entwicklung eines akkreditierten Masterstudienganges auch den Einsatz der Plattform koordinieren. Das Hasso-Plattner-Institut stellt die technische Plattform und die zugehörige Infrastruktur zur Verfügung.
Abschließend wollen Sie auch selbst etwas für die Verbreitung der Inhalte tun – und sie unter eine sogenannte Creative-Commons-Lizenz stellen. Was wird das bedeuten?
Gollasch: Unter dieser Lizenz kann der MOOC Open Government sowie das Lehrbuch nach der Fertigstellung von den anderen Verbundpartnern im Rahmen ihrer Studiengänge genutzt werden. Die erstellten Materialien dürfen unverändert in jedem Medium und Format geteilt, kopiert und weitervertrieben werden. Wir nennen dies Open Access und es entspricht einem offenen Zugang zu Bildung.
Titelbild:
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Bilder im Text:
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Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm