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Träumst Du noch oder hast Du schon?
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Immobilienmarkt

Träumst Du noch oder hast Du schon?

Interview: mit Prof. Dr. Marcel Tyrell | Zeppelin Universität
21.02.2022
Es könnte sein, dass sich gerade in Inflationszeiten der Traum vom Eigenheim erfüllen lässt. Wenn jedoch die Inflation nur ein vorübergehendes Phänomen sein sollte, werden Immobilienpreise weiter steigen. Dann bleibt der Traum vom Eigenheim für viele ein Traum.

Prof. Dr. Marcel Tyrell
Gastprofessur für Economics of Financial Institutions
 
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    Zur Person
    Prof. Dr. Marcel Tyrell

    Seit 2009 leitete Prof. Dr. Marcel Tyrell das Buchanan Institut für Unternehmer- und Finanzwissenschaften an der Zeppelin Universität. Vorher lehrte er unter anderem an der Universität Frankfurt, der University of Pennsylvania und der European Business School. Schwerpunktmäßig forscht er zu Veränderungen von Finanzsystemstrukturen, mikro- und makroökonomischen Auswirkungen von Finanzkrisen und der Verschuldungsdynamik von Volkswirtschaften. 2017 übernahm er den Lehrstuhl Banking and Finance an der Universität Witten/Herdecke und blieb der Zeppelin Universität als Gastprofessor für Economics of Financial Institutions erhalten.

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Während die Wirtschaft unter den Folgen der Pandemie ächzt, klettert die Inflationsrate munter weiter – und auch Immobilien werden somit scheinbar ungebrochen teurer. Können Sie uns zunächst grundsätzlich erklären, wie der Preisbildungsprozess auf dem Immobilienmarkt funktioniert, Herr Tyrell?

Prof. Dr. Marcel Tyrell: Immobilien sind langlebige Wirtschaftsgüter, die zudem eine verhältnismäßig lange Erstellungszeit haben. Zwischen Planung, Baugenehmigung und Bezug einer neuen Immobilie vergehen üblicherweise Jahre. Das bedeutet, wir haben es hier üblicherweise mit einem Bestandsmarkt zu tun, dessen Angebot nicht beliebig vergrößert werden kann. Grundsätzlich gilt auch hier, dass Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Das Angebot speist sich aus den Bestandsimmobilien, die auf dem Markt verfügbar sind, und den Neuimmobilien, die erworben werden können.


In den Preis einer Immobilie gehen eine Vielzahl von Faktoren ein. Neben den Baukosten bei Neuimmobilien sind dies sowohl bei Bestands- als auch bei neuen Wohnimmobilien die Lage, die wirtschaftliche Prosperität der Region, Zuschnitt und Bausubstanz der Immobilie sowie natürlich die gesamtwirtschaftlichen Nachfragebedingungen, also das niedrige Zinsniveau und die hohe Verfügbarkeit von Immobilienkrediten zur Finanzierung, die tendenziell preistreibend gewirkt haben. Immobilien sind aufgrund ihrer Langlebigkeit und der Werthaltigkeit der Grundstücke zudem eine bedeutende Vermögensanlagekomponente. So zeigen Untersuchungen des McKinsey Global Institute in Zürich, dass zwei Drittel des globalen Vermögens aus Immobilien- und Grundbesitz bestehen, in Deutschland sind es sogar fast vier Fünftel.


Die Nachfrage nach Immobilien ist weiterhin ungebrochen. Und wenn eine hohe Nachfrage auf ein begrenztes Angebot trifft, dann steigen die Preise. Das ist weiterhin der Fall, auch wenn sich die Nachfrage in letzter Zeit etwas aus den Metropolen in die angrenzenden Regionen verlagert hat.


Kann denn eine Immobilie überhaupt so viel Wert sein, wenn sich der Marktpreis vom tatsächlichen Wert der Bausubstanz scheinbar vollkommen entkoppelt?

Tyrell: Der Wert der Bausubstanz ist nicht unbedingt entscheidend, auch wenn der Anstieg der Baukosten hier in jüngerer Zeit auch werttreibend gewirkt hat. Der Wert des Grundstückes spielt oft eine sehr viel bedeutendere Rolle. So zeigen Untersuchungen der Deutschen Bundesbank, dass Grundstückspreise in den zurückliegenden Jahren stark zugelegt haben. Bebaubare Grundstücke sind oftmals der knappe Faktor. Zudem sind Immobilien, wie weiter oben schon betont, eine wichtige Komponente der Vermögensanlage. Wir wissen aus einer vor Kurzem in einer sehr renommierten Fachzeitschrift veröffentlichten Untersuchung einer Gruppe von Ökonomen um Moritz Schularick, dass in einer sehr langen Frist, also einem Zeitraum von mehr als 100 Jahren, Immobilien ähnlich hohe reale Renditen wie Aktienanlagen erzielen, aber mit sehr viel niedrigerem Risiko. Als Anlageklasse sind Immobilien somit hoch attraktiv und das treibt die Wertentwicklung auch unabhängig von der Bausubstanz.

Hat sich der Traum vom Eigenheim mit der Corona-Krise, steigenden Rohstoffpreisen und niedrigen Zinsen endgültig erledigt? Zumindest deuten viele Fakten darauf hin, dass Eigentumserwerb immer teurer wird: Im zweiten Jahr der Pandemie hat die hohe Nachfrage nach Häusern und Wohnungen die Kosten für den Immobilienerwerb wie bereits 2020 erneut um mehr als 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr ansteigen lassen. Das zeigt eine Auswertung von rund 800.000 Finanzierungen aus den Jahren 2011 bis 2021 von Interhyp, Deutschlands größtem Vermittler für private Baufinanzierungen. Die Immobilienpreise sind demnach in den beiden Corona-Jahren so stark gestiegen wie in keinem anderen Jahr der vergangenen Dekade. Zum einen habe der Wunsch nach Sicherheit und das Homeoffice bei anhaltend niedrigen Bauzinsen die Immobilie für Eigennutzer stärker in den Fokus gerückt. Zum anderen seien Kapitalanleger ein zusätzlicher Treiber von Nachfrage und Preisen, vor allem in den Metropolen. Mangelnde Anlagealternativen, niedrige Bauzinsen und die Angst vor Inflation sprächen für die Immobilie als Kapitalanlage. Ein Fazit, so Jörg Utecht, Vorstandsvorsitzender der Interhyp Gruppe: „Ohne Hilfe der Familie oder hohe Ersparnisse ist ein Immobilienkauf heute kaum noch möglich.“
Hat sich der Traum vom Eigenheim mit der Corona-Krise, steigenden Rohstoffpreisen und niedrigen Zinsen endgültig erledigt? Zumindest deuten viele Fakten darauf hin, dass Eigentumserwerb immer teurer wird: Im zweiten Jahr der Pandemie hat die hohe Nachfrage nach Häusern und Wohnungen die Kosten für den Immobilienerwerb wie bereits 2020 erneut um mehr als 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr ansteigen lassen. Das zeigt eine Auswertung von rund 800.000 Finanzierungen aus den Jahren 2011 bis 2021 von Interhyp, Deutschlands größtem Vermittler für private Baufinanzierungen. Die Immobilienpreise sind demnach in den beiden Corona-Jahren so stark gestiegen wie in keinem anderen Jahr der vergangenen Dekade. Zum einen habe der Wunsch nach Sicherheit und das Homeoffice bei anhaltend niedrigen Bauzinsen die Immobilie für Eigennutzer stärker in den Fokus gerückt. Zum anderen seien Kapitalanleger ein zusätzlicher Treiber von Nachfrage und Preisen, vor allem in den Metropolen. Mangelnde Anlagealternativen, niedrige Bauzinsen und die Angst vor Inflation sprächen für die Immobilie als Kapitalanlage. Ein Fazit, so Jörg Utecht, Vorstandsvorsitzender der Interhyp Gruppe: „Ohne Hilfe der Familie oder hohe Ersparnisse ist ein Immobilienkauf heute kaum noch möglich.“

Oder bahnt sich hier eine Blase an, die bald platzt. Wie sehen Sie das?

Tyrell: Es deutet vieles darauf hin, dass es zumindest in städtischen Regionen in jüngerer Zeit zu Preisübertreibungen und Überbewertungen bei Wohnimmobilien gekommen ist. So ist das Preis-Miete-Verhältnis bei Wohnimmobilien in den sieben größten Städten Deutschlands in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 35 Prozent gestiegen, bei 127 Städten betrug der Anstieg im Durchschnitt immerhin noch ungefähr 25 Prozent. Dies ist ein Indikator für eine Blase, was man auch daran erkennt, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht am 12. Januar dieses Jahres angekündigt hat, zusätzliche Kapitalpuffer bei Banken auf mit Wohnimmobilen besicherte Kredite einzuführen, um Verwundbarkeiten in Bezug auf Übertreibungstendenzen bei Preisen und bei der Immobilienkreditvergabe abzufedern. Die Finanzaufsicht schätzt somit ebenfalls die Gefahr, dass es bald zu einem recht starken Preisrückgang kommen könnte, als real ein. Allerdings sind Voraussagen schwierig. Es könnte auch sein, dass wir zwar eine gewisse Preiskorrektur in naher Zukunft sehen, aber keine länger andauernde Abwärtsspirale, die für das Platzen einer Blase typisch ist.


Mit der Inflation und einer Straffung der Geldpolitik dürften auch Immobilienkredite teurer werden. Kann sich dann noch irgendjemand den Traum vom Eigenheim erfüllen, der schließlich Jahrzehnte ein Anreiz für harte Arbeit war?

Tyrell: Welche Wirkung die jetzige Inflation hat, ist noch nicht ausgemacht. Meines Erachtens hängt dies davon ab, ob die Inflation dauerhaft oder doch nur ein vorübergehendes Phänomen ist. Bei einer hartnäckigen Inflation sind Immobilien kein besonders guter Inflationsschutz. Das zeigt ein Blick in die Vergangenheit: In den 1970er-Jahren, als wir mit dauerhafter Inflation zu kämpfen hatten, haben Immobilien real nicht an Wert gewonnen, also keinen Inflationsschutz geliefert. Je stärker eine Zentralbank die Geldpolitik straffen muss, um die Inflation zu bekämpfen, desto höher sind natürlich die Zinsen, die für Immobilienkredite gezahlt werden müssen. Allerdings werden dann Immobilien auch günstiger, was den Erwerb auch einfacher machen könnte. Welcher Effekt somit überwiegt, ist nicht klar. Es könnte sein, dass sich gerade in Inflationszeiten der Traum vom Eigenheim erfüllen lässt. Wenn jedoch die Inflation nur ein vorübergehendes Phänomen sein sollte, werden Immobilienpreise weiter steigen. Dann bleibt der Traum vom Eigenheim für viele ein Traum.

Immobilien haben in den vergangenen Jahren auch verstärkt für Ungleichheit gesorgt. Spekulanten und Wohlhabende wurden mit Betongold reicher, in Inflationszeiten gelten Immobilien als der perfekte Schutz, bei dem allerdings Millionen Menschen leer ausgehen. Wäre es nicht gut, wenn eine Blase platzt? Endlich wieder mehr Gleichheit?

Tyrell: Klar ist, Immobilien haben in den vergangenen Jahren die Ungleichheit verstärkt. So zeigt eine Untersuchung von Ökonomen der Universität Bonn, dass allein durch Preissteigerungen Hauseigentümer in Deutschland zwischen 2011 und 2018 real, also inflationsbereinigt, um 2,8 Billionen Euro reicher geworden sind. Da Deutschland im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern eher eine Mieternation ist, bedeutet dies, dass die meisten, eher ärmeren Mieterhaushalte an diesen Preissteigerungen nicht partizipieren konnten. So sind beispielsweise in deutschen Großstädten 70 Prozent der dort wohnenden Haushalte Mieterhaushalte. Da diese Haushalte zudem teilweise massiv steigende Mietkosten zu tragen haben, dürften zunehmende soziale Konflikte vorprogrammiert sein, wie sich an der Enteignungsinitiative in Berlin zeigt.


Ich glaube jedoch nicht, dass das Platzen einer Immobilienblase hier Abhilfe schaffen könnte. Ganz im Gegenteil: Unsere Forschung zeigt, dass Immobilienkrisen, also das Platzen einer Blase, typischerweise zu tiefgreifenden Verwerfungen im Finanzsektor und darauffolgend zu einer Wirtschaftskrise führt, unter der die ärmeren Bevölkerungsschichten am stärksten zu leiden haben. Ein anschauliches Beispiel unter vielen ist die Finanz- und Wirtschaftskrise 2007/2008 gewesen. Mehr Gleichheit ist dadurch auf jeden Fall nicht hergestellt worden. Viel besser wäre es, zum einen den öffentlichen Wohnungsbau massiv zu fördern und zum anderen Hindernisse für private Bautätigkeit zu beseitigen und Planungsverfahren zu beschleunigen. Dies sollte natürlich ökologisch ausgewogen geschehen, was meines Erachtens aber möglich ist.


Umstritten ist auch, welche Rolle die Europäische Zentralbank beim Immobilienbesitz spielt. Eine Theorie geht so: Die EZB treibt mit ihren Anleihekäufen die Preise der Zinspapiere in die Höhe, die Renditen sinken umgekehrt. Das führt dazu, dass Investoren auf andere Anlageformen wie etwa Aktien oder Immobilien ausweichen – sodass dort die Preise ebenfalls steigen. Welche Rolle spielt unsere Zentralbank auf dem Markt?

Tyrell: Die Europäische Zentralbank hat mit ihrer Politik des lockeren Geldes höchstens indirekt zu dieser Entwicklung in den vergangenen Jahren beigetragen. Ihre Geldpolitik hatte zum Ziel, die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise 2007/2008 und der nachfolgenden Euro-Krise in der Realwirtschaft abzufedern und wirtschaftliche Aktivität wieder zu entfachen. Insbesondere war es wichtig, ein Abgleiten in eine Deflation zu verhindern. Dass dies Investoren in Anlageformen getrieben hat, die höhere Renditen versprachen, war somit kaum zu vermeiden. Das Zinsniveau am langen Ende – also beispielsweise die 10- oder 15-Jahres-Zinsen, die gerade für Immobilien aufgrund ihrer Fristigkeit relevant sind – wird jedoch seit den 1990er-Jahren durch strukturelle realwirtschaftliche Trends, wie die demografische Entwicklung, Digitalisierung, Verschiebungen in Einkommens- und Vermögensverteilungen und ein geringeres Produktivitätswachstum, in eine Abwärtsbewegung gebracht. Insofern ist diese Entwicklung hin zu einem allgemein geringeren Zinsniveau nicht vorrangig durch die Geldpolitik verursacht worden.

Vorstadt statt Verschuldung? Viele junge Familien träumen noch immer vom Leben in den eigenen vier Wänden. Oft lohnt sich für sie ein Blick aufs Umland ihres aktuellen Wohnortes: Denn je nach Stadt kostet ein Haus im Umland 400.000 Euro weniger als eine Wohnung innerhalb der Stadtgrenze. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse von Immowelt. Dafür wurden die Angebotspreise von Häusern (100 bis 150 Quadratmeter Wohnfläche, 100 bis 800 Quadratmeter Grundstücksfläche) im Umland (40 bis 60 Minuten Fahrtzeit zum Stadtzentrum, umliegende Großstädte ausgeschlossen) mit den Kaufpreisen von familientauglichen Eigentumswohnungen (4 bis 6 Zimmer, 100 bis 150 Quadratmeter) in der Stadt verglichen. Den größten Unterschied gibt es der Analyse zufolge in Frankfurt: Eine große Wohnung in der Stadt kostet im Median 850.000 Euro. Demgegenüber stehen mittlere Hauspreise von 441.000 Euro im Frankfurter Umland. Familien zahlen somit 409.000 Euro weniger, wenn sie sich für ein Eigenheim außerhalb der Stadt entscheiden. Neben Frankfurt gibt es auch in Hamburg große Preisunterschiede: Im weiteren Umland der Hansestadt kosten Häuser im Median 449.000 Euro, für eine Wohnung innerhalb der Stadtgrenze müssen Käufer aktuell 857.000 Euro zahlen. Somit sind Häuser 408.000 Euro günstiger als Wohnungen. In München ist die Differenz mit 334.000 Euro etwas geringer.
Vorstadt statt Verschuldung? Viele junge Familien träumen noch immer vom Leben in den eigenen vier Wänden. Oft lohnt sich für sie ein Blick aufs Umland ihres aktuellen Wohnortes: Denn je nach Stadt kostet ein Haus im Umland 400.000 Euro weniger als eine Wohnung innerhalb der Stadtgrenze. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse von Immowelt. Dafür wurden die Angebotspreise von Häusern (100 bis 150 Quadratmeter Wohnfläche, 100 bis 800 Quadratmeter Grundstücksfläche) im Umland (40 bis 60 Minuten Fahrtzeit zum Stadtzentrum, umliegende Großstädte ausgeschlossen) mit den Kaufpreisen von familientauglichen Eigentumswohnungen (4 bis 6 Zimmer, 100 bis 150 Quadratmeter) in der Stadt verglichen. Den größten Unterschied gibt es der Analyse zufolge in Frankfurt: Eine große Wohnung in der Stadt kostet im Median 850.000 Euro. Demgegenüber stehen mittlere Hauspreise von 441.000 Euro im Frankfurter Umland. Familien zahlen somit 409.000 Euro weniger, wenn sie sich für ein Eigenheim außerhalb der Stadt entscheiden. Neben Frankfurt gibt es auch in Hamburg große Preisunterschiede: Im weiteren Umland der Hansestadt kosten Häuser im Median 449.000 Euro, für eine Wohnung innerhalb der Stadtgrenze müssen Käufer aktuell 857.000 Euro zahlen. Somit sind Häuser 408.000 Euro günstiger als Wohnungen. In München ist die Differenz mit 334.000 Euro etwas geringer.

Fast ein Drittel des Kaufpreises wird inzwischen von Familien und Freunden mitfinanziert, wie aus einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Immobilien-Kreditvermittlers Interhyp hervorgeht. Ist das ausschließlich mit den steigenden Immobilienpreisen zu erklären? Oder verdienen wir schlicht weniger?

Tyrell: Meines Erachtens ist dieser Trend, sofern er sich generell bestätigen lassen sollte, in der Hauptsache den steigenden Immobilienpreisen geschuldet. Die Mitfinanzierung durch Familie und Freunde sind dann gegebenenfalls ein Eigenkapitalersatz, wenn das vom Käufer selbst eingebrachte Eigenkapital zur Finanzierung der Wohnimmobilie nicht ausreicht. Denn 100 Prozent-Fremdkapitalfinanzierungen gibt es für Wohnimmobilien in Deutschland kaum. Zudem sind die mittleren Einkommen, also die Einkommen der Bevölkerungsschicht, aus der sich die meisten Kaufinteressenten speisen, in den vergangenen Jahren nicht im gleichen Maße gewachsen wie die Immobilienpreise, die durchschnittlich in den vergangenen zehn Jahren um jährlich 4 bis 5 Prozent gestiegen sind. Dass sich daraus eine zunehmende Finanzierungslücke ergibt, ist klar.


Eine solche Mitfinanzierung zur Schließung der Finanzierungslücke ist jedoch keine gesunde Entwicklung, da sie die Mitfinanzierer in Geiselhaft nimmt, falls es auf dem Immobilienmarkt zu massiven Verwerfungen mit Preiseinbrüchen kommt. Denn diese Finanzierungen sind im Unterschied zu den von Finanzinstitutionen ausgereichten Immobilienkrediten nicht im Grundbuch abgesichert. Sofern die Immobilie dann verwertet werden muss, gehen die Mitfinanzierer meist leer aus.


Fest steht: Wohneigentum ist noch immer eine veritable Altersvorsorge – selbst, wenn eine Blase platzen sollte. Müsste der Staat mehr in den Markt eingreifen, mit Anreizen oder Preisdeckeln, damit sich wieder mehr Menschen auch kleinere Immobilien leisten können?

Tyrell: Wohneigentum ist eine veritable Altersvorsorge, aber nicht die einzig mögliche. Der Staat kann einiges tun, um das Angebot an Wohnraum zu erhöhen. Dazu gehört eine bessere Förderung des öffentlichen Wohnungsbaus, aber auch private Bauträger können mit entsprechenden Anreizen dazu gebracht werden, die wachsende Bedarfslücke zu schließen. Grundsätzlich sollte jedoch nicht angestrebt werden, jeden durch Markteingriffe zum Immobilienbesitzer zu machen. Wichtig ist eher zu verhindern, dass gerade einkommensschwache Haushalte immer größere Einkommensanteile fürs Wohnen aufwenden. Dann verbleibt nämlich Einkommen für veritable Altersvorsorgemaßnahmen wie Aktien und andere Finanzanlagen, die flexibler als reale Immobilien sind und besser auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten werden können.

Titelbild: 

| Breno Assis / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Bilder im Text: 

| Brandon Griggs / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link

| Paul Hanaoka / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

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