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Unterricht wie aus dem Bilderbuch
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Hochschuldidaktik

Unterricht wie aus dem Bilderbuch

von Florian Gehm | Redaktion
08.11.2013
Wenn Sie heute eine Vorlesung organisieren, dann müssen Sie dabei immer auch den Studiengang als Ganzes im Blick haben.

Professor Dr. Gabi Reinmann
Vizepräsidentin für Lehre & Didaktik
 
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    Zur Person
    Professor Dr. Gabi Reinmann

    Gabi Reinmann wurde 1965 geboren und ist studierte Diplom-Psychologin. Nach Promotion und Erlangung des Doktorgrades der Philosophie und Habilitation und Erhalt der Lehrbefugnis für Psychologie und Empirische Pädagogik lehrte und arbeitete Reinmann an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und der Universität Augsburg. Vor ihrem Wechsel nach Friedrichshafen lehrte sie mit dem Schwerpunkt "Lehren und Lernen mit Medien" an der Universität der Bundeswehr in München. Seit 2013 ist Gabi Reinmann Vizepräsidentin für Lehre & Didaktik an der Zeppelin Universität Friedrichshafen und hat gleichzeitig einen Lehrstuhl für Hochschuldidaktik inne.

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    Factbox
    MOOC, xMOOC, cMOOC - Ein Überblick im Online-Dschugel

    Wie genau ein MOOC, ein Massive Open Online Course, funktioniert, ist schwierig genug in Worte zu fassen. Zusätzlich zu diesem Angebot gesellen sich zwei wesentlich Unterkategorien, die cMOOCs und xMOOCs, die auf ganz unterschiedliche Ansätze bei der digitalen Vermittlung von Lerninhalten setzen. Das "c" der cMOOCs steht für den Gedanken kann des "Connectivism", der vor allem auf die Vernetzung und den Diskurs und den Teilnehmern setzt. Daher sind diese Angebote oft freier und offener, als ihre Konkurrenten. In Workshops oder Barcamps werden gemeinsam Inhalte erarbeitet, anstatt auf digitalen Frontalunterricht zu setzen.
    Das "x" in xMOOCs hingegen steht für "Extension" und orientiert sich eher an klassischen Kursen: Die Themen und Materialien sind im Voraus festgelegt, werden von den Veranstaltern bereitgestellt und dann von den Teilnehmern bearbeitet. Dieses Format ist enger getaktet und bietet weniger Gestaltungsmöglichkeiten für die Teilnehmern. Ergänzt werden xMOOCs durch kleine Tests, Foren oder reale Treffen vor Ort.

    Zum Weiterlesen: Die Antrittsvorlesung von Gabi Reinmann

    Auf ihrem Blog hält Gabi Reinmann ihre Leser nicht nur mit einige Anekdoten aus ihrem Arbeitsalltag, sondern auch mit neuen Erkentnissen über ihre Forschung auf dem Laufenden. Alle Details zu ihrer Antrittsvorlesung für Neugierige und angehende Hochschuldidaktiker hat sie dort ebenfalls zusamengefasst.

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    Wir leisten uns Ausgrenzung!
    In Deutschland seien die Hürden für viele junge Menschen noch immer zu hoch, ein Studium aufzunehmen. Gemäß des Generalsekretärs des Deutschen Studentenwerks, Achim Meyer auf der Heyde, trage dazu auch aktuelles Politiversagen bei.
    Studieren im Netz
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Sie beschäftigen sich im Rahmen Ihrer Professur und Vizepräsidentschaft vor allem mit der Hochschuldidaktik. Was hat es mit der Hochschuldidaktik auf sich und wo begegnet sie uns im universitären Alltag?


Professorin Dr. Gabi Reinmann: Hochschuldidaktik ist zum einen eine bildungswissenschaftliche Disziplin. Als solche beschäftigt sie sich theoretisch und empirisch mit dem Zusammenspiel von Lehren und Lernen. Gleichzeitig ist Hochschuldidaktik natürlich auch eine Praxis: An Universitäten wird gelehrt und gelernt. Hochschullehrer treffen täglich didaktische Entscheidungen: auf der Mikroebene, wenn sie in einen Seminarraum gehen und mit ihren Studierenden in Interaktion treten; auf der Mesoebene, wenn sie vor Semesterbeginn ihre Veranstaltungen inklusive Prüfungen planen; und auf der Makroebene, wenn sie an der Gestaltung ganzer Studienprogramme und Module beteiligt sind. 


Studierende bewegen sich in den Lernumgebungen, die infolge dieser didaktischen Entscheidungen entstehen – und im besten Fall lernen Sie dort etwas: über sich, über ihr soziales Umfeld, aber natürlich vor allem über den Gegenstand, nämlich über Wissenschaft. Hochschuldidaktik ist so gesehen die Theorie, Empirie und Praxis zur Verwirklichung der Idee Bildung durch Wissenschaft.

Wie Dozenten mit Studenten interagieren ist eine wichtige, didaktische Entscheidung. Sie findet auf der Mikroeben statt und befasst sich mit der direkten Lehrsituation.
Wie Dozenten mit Studenten interagieren ist eine wichtige, didaktische Entscheidung. Sie findet auf der Mikroeben statt und befasst sich mit der direkten Lehrsituation.

Was macht eine gute Lehrveranstaltung aus, die Studierende gerne besuchen?


Reinmann: Hochschuldidaktik wäre ein komfortables Unterfangen, könnte man auf diese Frage eine einzige und einfache Antwort geben. 'Gute Lehre' ist eine häufig formulierte und berechtigte Forderung. Aber was 'gut' ist, selbst wenn man es eingrenzt auf 'gut für Studierende', ist letztlich nicht zu beantworten. 


Das ist übrigens auch ein Problem, mit dem sich jede Lehrevaluation herumschlägt: Ist eine Veranstaltung gut, wenn sich Studierende darin wohl und aufgehoben fühlen, dem Lehrenden vertrauen und keinen Stress empfinden? Oder ist eine Veranstaltung gut, wenn Studierende darin viel Wissen und Können entwickeln, hohe Leistungen erbringen und dies auch in Prüfungen zeigen? Oder ist eine Veranstaltung gut, wenn sie zum Nachdenken anregt, zur Selbstreflexion und zur kritischen Betrachtung des Gegenstands, mit dem man sich gerade beschäftigt? Oder ist eine Veranstaltung nur dann gut, wenn sie von all dem etwas hat, also einen Wohlfühlfaktor beinhaltet, leistungsorientiert ist und der Persönlichkeitsentwicklung dient? Oder wäre das eine Überforderung für alle Beteiligten? Und: Wollen alle Studierende das Gleiche? 


Es gibt keine Rezepte für gute Lehre. Wohl aber gibt es Erkenntnisse und Erfahrungen, was Lernen be- oder verhindert: fehlende methodische Abwechslung, unverständliche Vermittlung, mangelndes oder ausbleibenden Feedback, unter- oder überfordernde Aufgabenstellungen, zu hoher Prüfungsdruck und vor allem desinteressierte und leidenschaftslose Lehrende.

"Wissen ist großartig", stellte das Vereinigte Königreich bei einer Messe fest. Wissen richtig zu vermitteln, ist schwer. Und die Frage nach 'Guter Lehre' kaum zu beantworten.
"Wissen ist großartig", stellte das Vereinigte Königreich bei einer Messe fest. Wissen richtig zu vermitteln, ist schwer. Und die Frage nach 'Guter Lehre' kaum zu beantworten.
Zum Weiterlesen: Die Antrittsvorlesung von Gabi Reinmann


In ihrer Antrittsvorlesung ging es viel um den Begriff des Anfangens. Wie fangen denn Lehrende und Lernende am besten an, sich mit einem Thema zu beschäftigen und inwiefern ist hier Didaktik im Spiel?


Reinmann: Didaktik ist immer dann im Spiel, wenn man sich als Lehrender begründet für eine bestimmte Form der Vermittlung, zum Beispiel einen Vortrag, einen Text, ein Video oder auch gegen eine Vermittlung entscheidet, wenn man Studierenden Fragen zu einem Thema stellt oder sie mit einer Problemstellung konfrontiert, wenn man sie zu einer Diskussion einlädt und dazu Leitfragen oder provokative Thesen mitbringt, wenn man Übungen zur Verfügung stellt und Feedback zu erbrachten Leistungen gibt.


Den rechten Einstieg zu finden und damit die Frage zu beantworten 'Wie fange ich am besten an?' gehört dann – logischerweise – zu jeder didaktischen Handlung dazu: Die Frage des Anfangs stellt sich in der unmittelbaren Lehr-Lernsituation im Seminarraum oder in einem virtuellen Raum ebenso wie beim Entwurf des Ablaufs einer Lehrveranstaltung sowie bei der Gestaltung eines ganzen Programms. Bisweilen ist ein Anfang am besten, der Vertrauen weckt; genauso aber kann ein überraschend irritierender Anfang besondere Wirkungen entfalten.


Wie man als Lehrender anfängt, ist abhängig davon, welche Erfahrungen man selbst mitbringt und worin man die eigenen Stärken hat; ebenso wichtig sind die Studierenden, deren Erwartungen, Vorkenntnisse und Fähigkeiten, die man als Lehrender manchmal kennt, manchmal aber auch erst – eben am Anfang – herausfinden muss. Und selbstverständlich gibt es keinen gelungenen Anfang ohne Berücksichtigung der Disziplin, des Faches und des Themas der Lehre. Auch wenn man also zum Anfang wiederum keine Rezepte verschreiben kann, so würde ich doch immerhin sagen: Wenn am Anfang die Neugier steht und die Offenheit, sich auf etwas Neues einzulassen, dann stehen die Chancen gut, an Wissenschaft Gefallen zu finden und sich daran auch kognitiv festzubeißen.

Digitale Lernformen sind momentan in Mode. Aber auch die kritische Lektüre von Texten kann zum Erfolg führen, so wie es Studenten an der Universität Innsbruck vormachen.
Digitale Lernformen sind momentan in Mode. Aber auch die kritische Lektüre von Texten kann zum Erfolg führen, so wie es Studenten an der Universität Innsbruck vormachen.

Momentan sind digitale Formate wie MOOCs, sogenannte Massive Open Online Courses, auf dem Vormarsch. Können solche Formate zu einem nachhaltigen Lernerfolg führen?

Reinmann: Massive Open Online Courses sind eine in der Tat interessante Erscheinung: Ihre Attraktivität basiert auf der großen Zahl an Teilnehmern und der Idee, Bildungsinhalte für sehr viele zugänglich zu machen – unabhängig von Orts- und Zeitgrenzen. Es ist wie eine Renaissance der schon selbstverständlich gewordenen Erwartungen an den Mehrwert digitaler Medien für das Lehren und Lernen.

Das didaktische Format 'MOOC' an sich ist alles andere als neu – neu sind allenfalls die technologische Basis und eben der potenziell globale Anspruch, ein weltweites Publikum zu erreichen. Sogenannte xMOOCs gleichen der traditionellen Vorlesung mit Übungsangeboten. Anders sieht es mit den sogenannten cMOOCs aus, die eher eine soziale Netzwerkbildung unter den Teilnehmern fördern und in hohem Maße auf Anwendungsaufgaben auf der Basis verteilter Inhalte sowie auf Peer-Feedback setzen. Bereits diese beiden „Unterformate“ lassen sich schlecht miteinander vergleichen.

MOOC, xMOOC, cMOOC - Ein Überblick im Online-Dschugel


Etwas lernen kann man aus meiner Sicht sowohl in xMOOCs als auch in cMOOCs: Wenn ich als Lernender bereits Fragen habe, hohes Interesse für ein Thema mitbringe, die angebotenen Online-Videos inhaltlich von hoher Qualität sind und die zugeordneten Aufgaben das Verständnis fördern, kann man dort sicher etwas lernen. Aber man wird etwas anderes lernen als in einer Veranstaltung, welche die Anwendung von Inhalten etwa auf Fälle und/oder den Diskurs fördert – und zwar unabhängig davon, ob diese Veranstaltung nun als Präsenzveranstaltung oder online oder in einem hybriden Modus stattfindet. Nachhaltigkeit ist keine Frage von Präsenz oder Medieneinsatz. Nachhaltigkeit muss man erst einmal definieren, und dann kann man die definierte Nachhaltigkeit anstreben, indem man ein solides didaktisches Szenario kreiert, das zu den Inhalten, Zielen und Zielgruppen passt.


Titel: kallejipp (photocase.com)

Text: Florian Gehm (Zeppelin Universität) | uniinnsbruck (CC BY-NC 2.0) | British Council Russia (CC BY-NC-SA 2.0)

 

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