Virtuell präsent sein
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Zukunft von Konferenzen

Virtuell präsent sein

von Felix Krell und Florian Horky | Zeppelin Universität
18.05.2021
Ohne Zweifel werden virtuelle Konferenzangebote auch nach der Corona-Pandemie fortbestehen. Mit rapiden Entwicklungen im Bereich Augmented, Virtual und Mixed Reality wird auch digitale Räumlichkeit dort zukünftig Einzug gewinnen.

Felix Krell
Lehrstuhl für Allgemeine Medien- und Kommunikationswissenschaft
 
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    Zur Person
    Felix Krell und Florian Horky

    Felix Krell promoviert aktuell am Lehrstuhl für Allgemeine Medien- & Kommunikationswissenschaft an der Zeppelin Universität zu Social Virtual Reality. Gegenstand seiner Forschung sind die Lebenswelten und Alltagspraktiken von Menschen, die neuartige soziale Plattformen wie etwa VRChat mit VR-Headsets betreten. In diesem Zusammenhang forscht er qualitativ und digital-ethnografisch. Er verwaltet außerdem das Medienlabor der Zeppelin Universität und hat dort ein VR-Space für die Universität eingerichtet. Hier finden in Zukunft VR-Seminare und VR-Forschungsprojekte statt.


    Florian Horky ist Doktorand am ZEPPELIN Lehrstuhl für Wirtschaftstheorie & -politik sowie Projektkoordinator für das Projekt „Forschendes Lernen 2.0“ an der Zeppelin Universität. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Finanzierungsverhalten von klein- und mittelständischen Unternehmen, verhaltensökonomischen Mechanismen an Kapitalmärkten sowie digitalen (makro-)ökonomischen Entwicklungen.

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Im Sinne des technologischen Fortschritts und unseres wissenschaftlichen Interesses haben wir beschlossen, keine klassische Videokonferenz zu gestalten, so wie es Standard ist bei digitalen wissenschaftlichen Forschungskonferenzen. Vielmehr wollten wir für die ISRC ein besonderes virtuelles Angebot entwerfen, dass dem Motto „Research Jungle“ gerecht wird. Neben der üblichen Rezeptionsweise über Zoom, YouTube und Co. sollten die Zuschauer daher auch die Option bekommen, mithilfe der Plattform Mozilla Hubs in dreidimensionalen virtuellen Umgebungen den Vorträgen zu folgen.


Ein Team aus studentischen Hilfskräften schuf in fast zwei Monaten eine digitale Infrastruktur für die Konferenz „from scratch“. Kreativität, Zeitmanagement und viel Herzblut sind in die digitalen Räumlichkeiten geflossen, die der Zeppelin Universität auch nach der ISRC zur Verfügung stehen werden: Jede Textur, jeder Raum, sogar die umgebende 360-Grad-Fotokulisse der VR-Umgebung wurden eigens von den kreativen Mitarbeitenden des ISRC-Teams zusammengestellt. Um eventuelle Auslastungen der Hubs-Instanzen zu vermeiden, erstellte das Team ein System aus mit Portalen verknüpften Räumen: Check-in, Präsentationsräume, Keynoteräume und Lounge Areas (siehe Galerie). Unser Dank gilt speziell auch den Initiativen, die ihre Präsenz in den verschiedenen virtuellen Lounges geltend machten.

Nach Oldenburg, Bochum, Berlin, Kiel und Stuttgart Hohenheim hatte die Zeppelin Universität das Privileg, die diesjährige International Student Research Conference (ISRC) vom 21. bis 22. April am SeeCampus in Friedrichshafen am Bodensee abzuhalten – und natürlich im virtuellen Raum.
 

Die Bereitstellung dieser einzigartigen Möglichkeit sollte auch deutlich machen, dass die Konzeption und Erstellung einer potenziell VR-fähigen virtuellen Umgebung heutzutage bereits mit einfachsten finanziellen und personellen Mitteln möglich ist. Die Technologie ist von der Handhabung und Erstellung her bereits „State of the Art“. Gleichzeitig wollten wir mit unserem Ansatz auch die Grenzen der praktischen Anwendbarkeit und Umsetzbarkeit ausloten. Das Publikum der ISRC – vorwiegend junge Studierende aus knapp 20 Ländern weltweit – erschien uns dabei als passende Zielgruppe für solch ein Praxisexperiment.


Wie unsere Erfahrungswerte aus anderen Konferenzen mit VR-Integration bereits vermuten ließen, stellte der neue Rezeptionsmodus für viele Nutzerinnen und Nutzer und auch uns als Veranstalter dennoch eine Herausforderung dar. Die zur Navigation nötige Tastatur-Maus-Augen-Koordination – gegebenenfalls aus Computerspielen bekannt – war vielen Teilnehmenden der virtuellen Konferenz noch fremd. In vieler Hinsicht entpuppte sich die virtuelle Beweglichkeit unserer Besucherinnen und Besucher als eine interessante bildliche Messlatte des Digital Divide: Während unerfahrene Nutzerinnen und Nutzer bereits Schwierigkeiten hatten, sich in der digitalen Umgebung umzusehen oder erste Schritte zu machen, entdeckten Vertraute bereits nach kurzer Zeit Tricks, die ihren Avataren sogar das Fliegen ermöglichten! Erfahrungen der vergangenen Jahre verdeutlichen immer stärker, dass Klüfte nicht nur dort entstehen, wo Internetzugang besteht oder nicht, sondern auch mit welchen Skills und mit welcher Vertrautheit im Internet gehandelt wird.

Die Virtuelle Realität boomt – jedenfalls bald, glaubt eine Studie der Unternehmensberatung PwC. Die noch junge Technologie scheint der Nische allmählich zu entwachsen. So stiegen die hierzulande mit VR erzielten Erlöse zuletzt auf ein Volumen von 116 Millionen Euro, ein Plus von 38 Prozent. Der größte Anteil entfiel dabei mit 62 Millionen Euro auf die Gaming-Branche. Dahinter folgten mit 43 Millionen Euro die Erlöse aus dem Verkauf von VR-Videos. Für die kommenden Jahre rechnet PwC mit einem durchschnittlichen Wachstum von 19,2 Prozent pro Jahr, sodass das Marktvolumen 2023 schon bei rund 280 Millionen Euro liegen könnte. Die Beraterkollegen von Deloitte gehen sogar noch einen Schritt weiter: Im Jahr 2024 werden ihren Daten nach in Deutschland mit VR-Hardware und -Inhalten 530 Millionen Euro umgesetzt. Insgesamt soll die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate zwischen 2019 und 2024 bei beachtlichen 30 Prozent liegen.
Die Virtuelle Realität boomt – jedenfalls bald, glaubt eine Studie der Unternehmensberatung PwC. Die noch junge Technologie scheint der Nische allmählich zu entwachsen. So stiegen die hierzulande mit VR erzielten Erlöse zuletzt auf ein Volumen von 116 Millionen Euro, ein Plus von 38 Prozent. Der größte Anteil entfiel dabei mit 62 Millionen Euro auf die Gaming-Branche. Dahinter folgten mit 43 Millionen Euro die Erlöse aus dem Verkauf von VR-Videos. Für die kommenden Jahre rechnet PwC mit einem durchschnittlichen Wachstum von 19,2 Prozent pro Jahr, sodass das Marktvolumen 2023 schon bei rund 280 Millionen Euro liegen könnte. Die Beraterkollegen von Deloitte gehen sogar noch einen Schritt weiter: Im Jahr 2024 werden ihren Daten nach in Deutschland mit VR-Hardware und -Inhalten 530 Millionen Euro umgesetzt. Insgesamt soll die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate zwischen 2019 und 2024 bei beachtlichen 30 Prozent liegen.

Nutzerinnen und Nutzer, die den Weg in die virtuelle Konferenz wagten, waren von der Fülle an betretbaren und zu navigierbaren Räumen oft überfordert, weshalb die Umgebung für das eigentliche Rezipieren von Konferenzvorträgen selten genutzt wurde. Stattdessen fanden sich regelmäßig Teilnehmende im Check-in-Bereich ein, wo es mitunter auch zu längeren Gesprächen kam, die die Kaffeeatmosphäre unter Kolleginnen und Kollegen in physisch-präsenten Konferenzen besser erfassten als Chaträume oder Videocalls das vermocht hätten. Als digitaler Vor- und Ausstellungsraum für Entdecker erfüllte die ISRC-Welt ebenfalls ihren Zweck.

 
Die Nutzerinnen und Nutzer der von uns bereitgestellten virtuellen Welt führten uns durch ihre Aneignung unseres digitalen Raumes erst dessen größte Stärke vor: eines der größten Learnings auf unserer Seite war, dass Virtual Conferencing in dessen bisher noch experimentalen und infantilen Zustand nicht als vollständige Substitution, sondern als Ergänzung zum Konferenzgeschehen auf bereits etablierteren digitalen Plattformen fungieren sollte. Zukünftigen Implementationen von Mozilla Hubs in Konferenz- oder Tagungsprogramme steht unserer Meinung nach nichts entgegen.


Als Socializing Tool hat Mozilla Hubs ungeahntes Potenzial, da es mit allen internetfähigen Geräten kompatibel ist – vom Smartphone bis zum VR-Headset – und dennoch mehr Modalitäten (etwa dreidimensionale Räumlichkeit) besitzt als übliche bildschirmbasierte Konferenzanwendungen. Als Conferencing Tool müsste vor allem die Integration von Microsoft Teams, Zoom oder BigBlueButton gewährleistet sein, um mehr Schnittstellen zwischen bewährten digitalen Konferenzmodellen und Virtual Reality zu bieten und damit den Übergang von einer Plattform zur nächsten fließender zu gestalten. Hier ist die Infrastruktur der Plattform noch zu „messy“ und unbeholfen.

 
Ohne Zweifel werden virtuelle Konferenzangebote auch nach der Corona-Pandemie fortbestehen. Mit rapiden Entwicklungen im Bereich Augmented, Virtual und Mixed Reality wird auch digitale Räumlichkeit dort zukünftig Einzug gewinnen. Unser Dank gilt deshalb allen Besucherinnen und Besuchern, die sich auf unser Experiment einließen und einen Sprung in den virtuellen „Research Jungle“ gewagt haben. Sie haben dazu beigetragen, die Qualität virtueller Konferenzen an der Zeppelin Universität deutlich zu verbessern.

Titelbild: 

| Minh Pham / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Bildergalerie im Text: 

| Felix Krell und Florian Horky / Zeppelin Universität (alle Rechte vorbehalten)


Bild im Text: 

| Jessica Lewis / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Beitrag (redaktionell unverändert): Felix Krell und Florian Horky

Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

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