ZU|Daily wurde in die Hauptseite in den Newsroom unter https://www.zu.de/newsroom/daily/ integriert. Die neuesten Artikel seit August 2024 werden dort veröffentlicht. Hier finden Sie das vollständige Archiv aller älteren Artikel.
Dr. Aynur Erdogan ist seit 2019 Programmdirektorin des Studiengangs Sociology, Politics & Economics und Leiterin des Bereichs der studentischen Forschung an der Zeppelin Universität. 2012 schloss sie ihr Doppelstudium (Magister und Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ab. Ihre Abschlussarbeit wurde mit dem Stephen Crane-Forschungspreis ausgezeichnet. Im Anschluss war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Rijksuniversiteit Groningen, Niederlande, tätig. In ihrer Dissertation untersuchte sie die Migration von Ideen, Konzepten und Bildern aus dem geografischen und imaginären Orient nach Europa und Nordamerika sowie deren transnationale Funktionen in politischen und gesellschaftlichen Prozessen. Sie publizierte und forschte auch zu Research-Based-Learning sowie innovativen Lehr-Lern-Methoden. Sie engagiert sich zudem ehrenamtlich als Mentorin bei Netzwerk Chancen e.V.
Florian Horky ist Doktorand am ZEPPELIN Lehrstuhl für Wirtschaftstheorie und -politik sowie Projektkoordinator für das Projekt „Forschendes Lernen 2.0“ an der Zeppelin Universität. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Finanzierungsverhalten von klein- und mittelständischen Unternehmen, verhaltensökonomischen Mechanismen an Kapitalmärkten sowie digitalen (makro-)ökonomischen Entwicklungen.
Die Forschung an sich spielt eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Ideen, Wissen sowie Innovationen und ist darüber hinaus ein integraler Bestandteil der Hochschulbildung. Forschendes Lernen kann vor diesem Hintergrund als eine transformative Bildungserfahrung angesehen werden, die Studierenden ein breites Skillset vermittelt, um sie auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorzubereiten. Hinzu kommt, dass die politisch gewollte Durchlässigkeit von Studienabschlüssen sowie die aus der Bologna-Reform hervorgegangene Mobilität der Studierenden zu einer zunehmenden Heterogenität innerhalb der Studienkohorten führt. Mit dem Projekt „Forschendes Lernen 2.0“ war es nun unser Ziel, dieses Konzept zu stärken und um eine internationale Komponente zu erweitern.
Die Pandemie wirkt wie ein Katalysator für digitale Entwicklungen und hat neue Herausforderungen, aber auch neue Möglichkeiten aufgezeigt. In der Zeit nach der Pandemie werden Forschung und Entwicklung für die Unternehmen daher an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig bewegen wir uns in einer Wissensgesellschaft, in der durch das Internet und intelligente Algorithmen nahezu jede beliebige Information (und auch Fehlinformation) nur einen Klick entfernt ist. Zentrale Lehrinhalte müssen sich daher künftig auf Kompetenzen wie logisches Denken und Problemlösung, soziale Kompetenzen, Beratung und Kreativität konzentrieren. Dies kann durch Freiräume in der curricularen Lehre für (studentische) Forschung und Erforschung sowie durch die Verbindung von Praxis und Lehre erschlossen und nach außen getragen werden.
Universitäre Lehrpläne, die also auf der bloßen Vermittlung von Fachwissen beruhen, sind mit Blick auf diese Entwicklungen nicht mehr als zeitgemäß einzuschätzen. Vielmehr muss ein modernes Curriculum die Studierenden ermuntern, eigene Fragestellungen und Themen interdisziplinär zu bearbeiten. Dieser Ansatz ermöglicht es Studierenden, Forschungskompetenzen zu entwickeln und sich mit spannenden Forschungsfragen auseinanderzusetzen. Außerdem können sie ihre fachlichen, technischen und sozialen Kompetenzen erweitern, die auf einem sich wandelnden Arbeitsmarkt erforderlich sind. Zudem können die Studierenden mit entsprechenden Forschungsmodulen die Inhalte ihres Studiums individuell gestalten. Die Studierenden lernen, mit Herausforderungen, aber auch mit Frustrationen umzugehen, während sie ihre Fähigkeiten zum kritischen Denken schärfen.
Die Zeppelin Universität orientiert sich in ihrem Bemühen um die Förderung von forschendem Lernen am Humboldtschen Bildungsideal. Sie ist maßgeblich von der Idee geprägt, dass Bildung nicht auf ein bestimmtes Fach ausgerichtet sein, sondern eine allgemeine, wenn man so will, Fachgrenzenübergreifende Basis bilden sollte, um sich in einer komplexen Welt zurecht zu finden. Die heutige Realität an den meisten deutschen Universitäten hat allerdings wenig mit einer Bildung im Humboldtschen Sinne zu tun. Maßnahmen der studentischen Forschung erfordern ein gezieltes Eingehen auf die Einzelpersonen und damit eine entsprechende personelle Ausstattung. Große Kohorten und teils überfüllte Lehrsäle bei einem engen finanziellen Rahmen machen dies aus pragmatisch-administrativen Gesichtspunkten meist unmöglich.
Die Zeppelin Universität mit ihren Angeboten der studentischen Forschung geht hier einen anderen Weg. Bereits direkt zu Beginn ihres Studiums werden die Studierenden im Rahmen des Zeppelin-Projektes mit den Prozessen und Herangehensweisen wissenschaftlicher Forschung konfrontiert. Ganz bewusst induzieren wir dabei auch eine anfängliche Überforderung des Einzelnen, die – unseres Erachtens nach – essenziell ist, um relevante Skills wie Teamfähigkeit, Gruppenarbeit und Selbststrukturierung in der Projektgestaltung zu fördern. Die Gruppe muss es schaffen, den Prozess der Forschung zu strukturieren und somit ein „Projekt“ von Grund weg zu entwickeln.
Auch für uns als Organisation bedeutet die Implementierung studentischer Forschung von Beginn an allerdings eine Herausforderung. Die Betreuung kostet Zeit und aus der Perspektive der noch am Beginn ihres Studiums stehenden Studierenden erscheint nicht jede wissenschaftliche Konvention sinnvoll. Dies zwingt auch uns als Lehrpersonen dazu, unser eigenes wissenschaftliches Vorgehen immer wieder zu hinterfragen. Belohnt wird man allerdings mit frischen Perspektiven, interessanten Einblicken und Studierenden, die auch im weiteren Verlauf ihres Studiums selbstständig Fragestellungen nachgehen.
Im weiteren Verlauf haben die Studierenden mit dem Humboldtprojekt eine weitere Möglichkeit Forschung zu betreiben. Im Rahmen dieses fortgeschritteneren Projektes können die Studierenden dann ihrem Curriculum mit dem Schwerpunkt auf eine spezifische Fragestellung einen individuellen Fokus geben, wie er nur durch eigene Forschung möglich ist. Letzten Endes ist es unsere Aufgabe als Universität, junge Menschen so zu bilden, dass sie sich selbstständig und strukturiert Wissen aneignen können und dieses vorteilhaft einzusetzen vermögen.
Der Artikel basiert auf folgender Arbeit: Bowyer, D. M., Akpinar, M., Erdogan, A., Malik, K., & Horky, F. (2022). Mobilizing Research-Based Learning (RBL) in Higher Education: International Perspectives from Three Institutions. In Handbook of Research on Active Learning and Student Engagement in Higher Education (pp. 246-269). IGI Global.
Titelbild:
| Janko Ferlic / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link
Bild im Text:
| Samuel Grösch / Zeppelin Universität (alle Rechte vorbehalten) | Link
Beitrag (redaktionell unverändert): Dr. Aynur Erdogan und Florian Horky
Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm