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Das Comeback der Inflation?
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Wirtschafts- und Währungsordnung

Das Comeback der Inflation?

von Prof. Dr. Alexander Eisenkopf | Zeppelin Universität
25.05.2021
Wir werden uns auf dauerhaft hohe Inflationsraten einstellen müssen – auch weil uns schon länger die Kraft fehlt, die notwendigen grundsätzlichen Reformen des Geld-, Kredit- und Bankenwesens anzugehen, um die mittlerweile in einer perversen Rolle gefangenen Notenbanken endlich zu entmachten.

Prof. Dr. Alexander Eisenkopf
ZEPPELIN-Lehrstuhl für Wirtschafts- und Verkehrspolitik
 
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    Zur Person
    Prof. Dr. Alexander Eisenkopf

    Alexander Eisenkopf studierte Betriebs- und Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Nach seiner Promotion über Just in Time-orientierte Fertigungs- und Logistikstrategien arbeitete und lehrte Eisenkopf in Gießen und Frankfurt. Seit 2003 ist Eisenkopf Professor an der Zeppelin Universität und Gastdozent an der Wiener Wirtschaftsuniversität. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem auf Mobilität und Transportunternehmen.

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„Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass man in sein Haus einbricht.“ So lautet die Aufforderung zur Wachsamkeit in Kapitel 24 des Matthäus-Evangeliums. Es geht dort um das Ende der Welt im Zuge der Parusie, es ist von falschen Propheten und Gesetzlosigkeit die Rede sowie von der großen Drangsal. Auch wenn Inflation nicht gleich das Ende der Welt und nicht für alle Drangsal bedeutet, sollte man doch wachsam sein.


Darf man den zahlreichen Crash-Propheten folgen, die seit Jahren den Kollaps der derzeitigen Wirtschafts- und Währungsordnung und ein finanzielles Armageddon vorhersagen, deren Prophezeiungen aber bisher (noch) nicht eingetreten sind? Oder haben die Beschwichtiger recht, die Notenbanken und die Politik, sekundiert vom Mainstream der Wirtschaftswissenschaften? „Es wird noch eine Weile dauern, bis wir uns Sorgen um die Inflation machen“, formuliert die EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Und der in der Wolle gefärbte Keynesianer Peter Bofinger hält in einem Handelsblatt-Interview die aktuelle Geldpolitik für „gelungen“.


Eine nüchterne und rigorose Bestandsaufnahme, wem zu trauen ist und ob beziehungsweise wann die Inflation (wieder-)kommt, tut also not. Sie muss mit dem beginnen, was wir mit der sozusagen regierungsamtlich kommunizierten Inflationsrate eigentlich messen. Es geht dabei ausschließlich um die Güterpreisinflation; der von der Österreichischen Schule betonte Ansatz, dass Inflation eigentlich ein monetäres Phänomen ist, also bereits die Vermehrung beziehungsweise wörtlich „Aufblähung“ der Geldmenge Inflation ist, wird in der aktuellen Diskussion vollkommen ausgeblendet. Erst die in der Folge steigenden Preise für Güter und Dienstleistungen („Teuerung“) werden als Problem angesehen.


Mit einem Wachstum der Geldmenge M3 in Euroland um 12 Prozent auf rund 14.500 Milliarden Euro war 2020 im österreichischen Sinne ein inflationäres Jahr, während die Inflationsrate im Jahresdurchschnitt im Euroraum nur 0,3 Prozent betrug (!). Festzuhalten ist auch, dass das entsprechende Geldmengenaggregat vor der Finanzkrise 2008/09 noch rund 8.600 Milliarden umfasste. Die Geldschöpfung und damit auch M3 nahmen aufgrund der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) mit Nullzinsen und später auch Quantitative Easing Jahr für Jahr stark zu.

„Das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken [...] ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten.“ So jedenfalls heißt es in Artikel 127 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Bei diesem Zitat handelt es sich um die zentrale Bestimmung des Kapitels über die Währungspolitik im AEU-Vertrag. Durch die Ausrichtung der Geldpolitik der EZB auf das Ziel der Preisstabilität „trägt der AEU-Vertrag dem modernen Wirtschaftsdenken über Rolle, Umfang und Grenzen der Geldpolitik Rechnung“. So jedenfalls erklärt es die Europäische Zentralbank selbst. Außerdem bilde der Vertrag dadurch in institutioneller und organisatorischer Hinsicht die Basis für die Regelung des Zentralbankwesens in der Wirtschafts- und Währungsunion. Der EZB-Rat verfolgt das Ziel, die Inflationsrate auf mittlere Sicht unter, aber nahe 2 Prozent zu halten.
„Das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken [...] ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten.“ So jedenfalls heißt es in Artikel 127 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Bei diesem Zitat handelt es sich um die zentrale Bestimmung des Kapitels über die Währungspolitik im AEU-Vertrag. Durch die Ausrichtung der Geldpolitik der EZB auf das Ziel der Preisstabilität „trägt der AEU-Vertrag dem modernen Wirtschaftsdenken über Rolle, Umfang und Grenzen der Geldpolitik Rechnung“. So jedenfalls erklärt es die Europäische Zentralbank selbst. Außerdem bilde der Vertrag dadurch in institutioneller und organisatorischer Hinsicht die Basis für die Regelung des Zentralbankwesens in der Wirtschafts- und Währungsunion. Der EZB-Rat verfolgt das Ziel, die Inflationsrate auf mittlere Sicht unter, aber nahe 2 Prozent zu halten.

Die zentrale Frage ist, ob der durch das anhaltende „Gelddrucken“ entstehende Geldüberhang auch zu einer Güterpreisinflation, das heißt demnächst auch zu einer höheren statistischen Inflationsrate führen wird. Diese wird in Deutschland bekanntlich über die Preisänderung von Gütern und Dienstleistungen eines Warenkorbes privater Haushalte gemessen, die in einen Verbraucherpreisindex eingehen. Darunter fallen zum Beispiel Nahrungsmittel, Bekleidung und Mobilitätsdienstleistungen ebenso wie Mieten, Freizeitaktivitäten oder Reparaturen. Der Warenkorb umfasst rund 650 verschiedene Güter und Dienstleistungen, die in einem empirisch fundierten Wägungsschema, das einen repräsentativen Haushalt abbilden soll, zusammengefasst werden.

Man muss kritisch hinterfragen, ob mit diesem Instrument die gesamtwirtschaftliche und gesellschaftlich relevante „Teuerung“ korrekt erfasst und abgebildet wird. So wird der zugrundeliegende Warenkorb in der Regel fünf Jahre lang konstant gehalten. Seine Repräsentativität nimmt ab, weil sich das Konsumverhalten im Zeitablauf ändert und Nachfrager sich verteuernde Produkte tendenziell durch günstigere Substitutionsgüter ersetzen, also der Inflation auszuweichen versuchen. Außerdem werden Preissteigerungen von Konsumenten entsprechend deren individuellem persönlichem Warenkorb unterschiedlich wahrgenommen („gefühlte Inflation“).Bestimmte Konsumgüter werden möglicherweise überhaupt nicht oder wegen höherer Preise nicht mehr nachgefragt. Außerdem bleibt die sogenannte Vermögenspreisinflation völlig außer Betracht; als solche wird der Preisanstieg von Vermögenswerten wie Aktien, Anleihen, Gold und Immobilien infolge expansiver Geldpolitik bezeichnet.


Die Inflation der Geldmengen ist also bereits seit Längerem gegeben; auch die Vermögenspreise – insbesondere die Preise von Immobilien – haben in den vergangenen Jahren stark angezogen. So sind allein im Jahre 2020 laut Berechnungen des Vermögensverwalters Flossbach von Storch die Preise für das Vermögen, das sich in Besitz privater deutscher Haushalte befindet, um 6,3 Prozent gestiegen.


Es stellt sich unmittelbar die Frage, ob die beschriebene drastische Aufblähung der Geldmengenaggregate mittelfristig auch auf die Konsumentenpreise durchschlagen wird. Dazu gibt es, wie häufig in der Ökonomie, mindestens zwei Sichtweisen. Die eine hält die aktuelle Geldpolitik für weitgehend unbedenklich beziehungsweise die Zentralbanken für in der Lage, Inflation im Zweifelsfalle wirksam zu bekämpfen. Das dahinterstehende Argument ist die Unterauslastung des Produktionspotentials (Output-Gap), die aktuell durch Corona deutlich verstärkt wurde. Man geht davon aus, dass die derzeitige Arbeitsmarktlage keine starken Lohnsteigerungen zulasse und die Notenbanken im Zweifelsfall in der Lage seien, Inflation wirksam zu bekämpfen, ohne die wirtschaftliche Entwicklung zu gefährden.

Die andere Position, die eher auf monetaristischem Gedankengut fußt, ist überzeugt, dass das extreme Wachstum der Geldmengen über kurz oder lang zu Inflation führen muss, wenn in einer Welt nach Corona die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen im „normalen Leben“ wieder anzieht. Viele träumen ja bereits vom Wiederaufleben der Roaring Twenties nach den Lockdowns.
Hinter dem Inflationspessimismus steht theoretisch immer noch die Idee der Fisherschen Quantitätsgleichung. Danach entspricht das nominale Bruttoinlandsprodukt in einer Volkswirtschaft dem Produkt aus Geldmenge und Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Steigendes Geldangebot führt bei stagnierender realer Wirtschaftsleistung unmittelbar zu einem höheren Preisniveau, wenn die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes als konstant angenommen wird. Da diese Gleichung immer gelten muss, lässt sich die relativ verhaltene Preisentwicklung der vergangenen Jahre nur dadurch erklären, dass die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes tatsächlich stark gesunken ist beziehungsweise der Kassenhaltungskoeffizient gestiegen. Um einen keynesianischen Terminus einzuflechten: Das Geld ist sozusagen in der Liquiditätsfalle verschwunden.


Das muss aber nicht immer so bleiben, wenn die Vertreter dieser Denkrichtung Recht behalten. Kommt die Inflation erst einmal in Fahrt, werden die Leute versuchen, ihr Geld auszugeben, bevor es weiter an Wert verliert und damit eine bereits laufende inflationäre Entwicklung weiter anheizen; wenn dann auch entsprechende Lohnsteigerungen durchgesetzt werden können, nimmt der Inflationszug unweigerlich Fahrt auf.


Man erinnere sich an die durch die Ölkrise 1973/74 ausgelöste Wirtschaftskrise. Damals wurden im öffentlichen Dienst Lohnerhöhungen von 15 Prozent gefordert. Nach einem längeren Streik der Gewerkschaft Öffentliche Dienst, Transport und Verkehr (ÖTV), einer Vorläuferin von ver.di, kam es zu einer Tariferhöhung von 11 Prozent; ähnliche Lohnzuwächse erreichten die Arbeitnehmer in der damals noch wesentlich beschäftigungsintensiveren Stahlindustrie und die in der Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG) vertretenen Beschäftigten. Bemerkenswert ist, dass damals – ähnlich wie heute in der Corona-Krise – ein Angebotsschock die wirtschaftlichen Verwerfungen auslöste. Auch in den 70ern reagierte die Politik darauf mit symbolischen Handlungen wie den legendären Sonntagsfahrverboten auf Autobahnen. Nach einer Inflationsrate von 7 Prozent im Jahr 1974 bildeten sich die Preissteigerungen in Deutschland zwar (etwas) zurück, aber auch die wirtschaftliche Dynamik lahmte. Es kam zu einer sogenannten Stagflation.

Im Jahr 2020 sind die Preise für das Vermögen, das sich in Besitz privater deutscher Haushalte befindet, um 6,3 Prozent angestiegen. Das ist das Ergebnis des „Vermögenspreisindex Deutschland“ des Flossbach von Storch Research Institute. Zwar haben noch im ersten Quartal die Pandemie und ihre Eindämmungsmaßnahmen die Preise federn lassen, jedoch war für den Rest des Jahres trotz Rezession die Nachfrage nach Vermögensgütern hoch. Ein Großteil des Sach- und Finanzvermögens konnte das Jahr mit Preiszuwächsen abschließen. Während bereits in den vergangenen Jahren die Vermögenspreise durch die geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank, wie die Ausweitung der Geldmenge und Senkung der Leitzinsen, angestiegen waren, begünstigten im Jahr 2020 zusätzlich fiskalpolitische Maßnahmen, wie Überbrückungshilfen und Konjunkturpakete, die Nachfrage nach Vermögensgütern. Der Vermögenspreisindex erfasst die Preisentwicklung des Vermögens deutscher Haushalte. Der Index entspricht der gewichteten Preisentwicklung des Sach- und Finanzvermögens, das sich im Besitz deutscher Haushalte befindet. Zum Sachvermögen zählen neben Immobilien- und Betriebsvermögen auch langlebige Verbrauchsgüter sowie Sammel- und Spekulationsobjekte. Das Finanzvermögen unterteilt sich in Aktien, Rentenwerte, Spar- und Sichteinlagen sowie in sonstige Finanzwerte. Immobilien stellen mit Abstand den größten Posten (63,7 Prozent) dar, gefolgt von Betriebsvermögen (11,7 Prozent) sowie Spar- und Sichteinlagen (10,5 Prozent).
Im Jahr 2020 sind die Preise für das Vermögen, das sich in Besitz privater deutscher Haushalte befindet, um 6,3 Prozent angestiegen. Das ist das Ergebnis des „Vermögenspreisindex Deutschland“ des Flossbach von Storch Research Institute. Zwar haben noch im ersten Quartal die Pandemie und ihre Eindämmungsmaßnahmen die Preise federn lassen, jedoch war für den Rest des Jahres trotz Rezession die Nachfrage nach Vermögensgütern hoch. Ein Großteil des Sach- und Finanzvermögens konnte das Jahr mit Preiszuwächsen abschließen. Während bereits in den vergangenen Jahren die Vermögenspreise durch die geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank, wie die Ausweitung der Geldmenge und Senkung der Leitzinsen, angestiegen waren, begünstigten im Jahr 2020 zusätzlich fiskalpolitische Maßnahmen, wie Überbrückungshilfen und Konjunkturpakete, die Nachfrage nach Vermögensgütern. Der Vermögenspreisindex erfasst die Preisentwicklung des Vermögens deutscher Haushalte. Der Index entspricht der gewichteten Preisentwicklung des Sach- und Finanzvermögens, das sich im Besitz deutscher Haushalte befindet. Zum Sachvermögen zählen neben Immobilien- und Betriebsvermögen auch langlebige Verbrauchsgüter sowie Sammel- und Spekulationsobjekte. Das Finanzvermögen unterteilt sich in Aktien, Rentenwerte, Spar- und Sichteinlagen sowie in sonstige Finanzwerte. Immobilien stellen mit Abstand den größten Posten (63,7 Prozent) dar, gefolgt von Betriebsvermögen (11,7 Prozent) sowie Spar- und Sichteinlagen (10,5 Prozent).

Wie kann es vor dem Hintergrund dieser Überlegungen in Deutschland beziehungsweise in Euroland weitergehen? Schauen wir uns die einzelnen Einflussfaktoren an. Die aktuelle Situation auf der Angebotsseite ist dadurch geprägt, dass die Ölpreise seit ihrem Tief im Frühjahr 2020 wieder deutlich angezogen haben; hier ist auch für die nähere Zukunft nicht mit einer spürbaren Korrektur zu rechnen, da die Erdöl exportierenden Länder Preise auf dem aktuellem Niveau zur Stabilisierung ihrer Staatshaushalte benötigen.


Auch die Preise für andere industriell relevante Rohstoffe sind in den vergangenen Monaten von einer fulminanten Hausse erfasst worden. Beispielhaft sei hier der Kupferpreis genannt; da Kupfer für viele Anwendungen im Rahmen der Energiewende bedeutsam ist, zeichnet sich auch hier keine Entspannung ab. Die Frachten in der internationalen Containerschifffahrt sind derzeit auf rekordverdächtigem Niveau, verteuern Importgüter und wirken sich tendenziell belastend auf den internationalen Handel aus. Zahlreiche importierte Vorleistungsgüter werden wegen der Verwerfungen in den internationalen Logistikketten knapper und führen bereits zu stark steigenden Erzeugerpreisen auf den industriellen Vorstufen. Preissteigerungen und Lieferengpässe machen derzeit vom Bauholz bis zu Computerchips von sich reden.


Diese Entwicklungen werden sich allerdings langfristig zumindest nicht mit der gleichen Dynamik fortsetzen. Dagegen sind steigende Preise aufgrund klimapolitischer Maßnahmen bereits angelegt und nicht nur ein temporäres Phänomen – das Bundesverfassungsgericht und die jüngsten klimapolitischen Beschlüsse des Bundeskabinetts lassen grüßen. Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) schätzt den Basiseffekt der über das Brennstoffhandelsgesetz eingeführten CO2-Steuer in Deutschland auf 0,4 Prozent. Bekanntlich werden die Steuersätze weiter steigen; in der CDU gab es bereits vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes Gedankenspiele, den Steuersatz 2023 auf 60 Euro je Tonne CO2 gegenüber der bisherigen Beschlusslage fast zu verdoppeln. In ähnlicher Größenordnung wie die aktuelle CO2-Steuer wirkt die originäre Preissteigerung für Energierohstoffe, während die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2021 die Inflationsrate im Gesamtjahr um 0,6 Prozentpunkte erhöhen wird.


Auf der Nachfrageseite beobachten wir einen Rückstau von Konsumausgaben infolge der pandemiepolitikbedingten Restriktionen. Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln schätzt diesen auf 1.250 Euro je Bundesbürger. Insgesamt geht es für 2020 und 2021 um einen Gesamtbetrag von rund 200 Milliarden Euro, rund 10 Prozent der Konsumausgaben eines Jahres. Werden diese (kurzfristig) nachgeholt, sind vor allem Dienstleistungen gefragt und es steht zu befürchten, dass die nach den zu erwartenden flächendeckenden Marktaustritten verbliebenen Anbieter die Gelegenheit nutzen werden, um kräftige Preiserhöhungen durchzusetzen. Hinzuweisen ist auch auf das inflationäre Potential des EU-Corona-Hilfspaketes im Volumen von 750 Milliarden Euro und des 1,9 Billionen schweren Hilfspaketes von Joe Biden, wo bereits heute Hunderte Milliarden US-Dollar darauf warten, verausgabt zu werden.

Entsprechend sind die Inflationserwartungen an den Märkten zwar gestiegen, bleiben aber erstaunlicherweise immer noch auf moderatem Niveau. Während die Fünfjahres-Erwartungen für die USA im April 2,34 Prozent betrugen, waren es für die Eurozone im April 2021 nur 1,56 Prozent. Die Ökonomen des IfW gehen vor allem aufgrund der Sondereffekte für 2021 von einer Konsumentenpreisinflation in Höhe von 2,4 Prozent in Deutschland aus; im Folgejahr soll dieser Wert wieder auf unter 2 Prozent sinken.
So weit, so gut – derartige Inflationsraten wären an sich noch kein Beinbruch, zumal die EZB ja schon seit Langem mit ihrem Zwei-Prozent-Inflationsziel hausieren geht, den Leuten Angst vor der gefährlichen Deflation einjagt und eine „Teuerung“ von 2 Prozent als Preisstabilität ansieht. Preisstabilität ist das selbstverständlich nicht, denn eine einfache Überschlagsrechnung zeigt, dass die Konsumentenpreise bei dieser Rate nach 20 Jahren um rund 50 Prozent höher liegen. Die Kaufkraft beträgt dann nur noch zwei Drittel des Ausgangswertes, ganz abgesehen von den rasant steigenden Vermögenspreisen, die zumindest, was die Immobilien angeht, auch für den Normalbürger relevant sind.


Tatsächlich gibt es aber gute Argumente dafür, dass die Inflationsraten in Deutschland auch mittel- bis langfristig deutlich höher liegen können. So werden Dienstleistungen für eine alternde Gesellschaft immer wichtiger; hier ist aber das Produktivitätswachstum sehr begrenzt und Lohnerhöhungen schlagen sehr schnell auf die Preise durch – man denke etwa an die derzeit häufig beklagte Unterbezahlung der Pflegeberufe und die Unterfinanzierung des Gesundheitssystems allgemein. Die demografische Entwicklung – insbesondere das bis Ende des Jahrzehnts bevorstehende Ausscheiden der Babyboomer aus der Erwerbstätigkeit – limitiert zudem das Wachstum des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotentials und erzeugt dadurch mittel- bis langfristig Inflationsdruck, der nur bedingt durch technischen Fortschritt zu kompensieren ist.


Außerdem wirken verschiedene gesellschaftliche Trends und insbesondere die absehbaren Maßnahmen der Klimapolitik tendenziell preissteigernd. So wird es im Zuge der politisch gesetzten und aktuell noch verschärften Klimaziele bis 2030 und darüber hinaus zu massiven Kostensteigerungen für Energie generell und für Mobilität und Transportdienstleistungen speziell – beziehungsweise auch den Gebäudesektor – kommen. Die Effizienz von logistischen Prozessen wird mit der Verlagerung auf die Bahn oder der Nutzung von Lastenfahrädern statt motorisierten Transportern sinken und zu Preissteigerungen führen. Hinzu kommt das gesellschaftliche Unbehagen gegenüber der Globalisierung und deren Verteuerung beziehungsweise Zurückdrängung durch klimapolitisch bedingte Grenzausgleichsabgaben und höhere Transportkosten. So ist in Zukunft nicht mehr damit zu rechnen, dass die Importsubstitution im gleichen Maßstab wie seit dem Millennium die nationale Preisentwicklung dämpft. Auch der Wunsch nach lokal, umweltfreundlich und tierwohlgerecht produzierten Lebensmitteln sorgt für ein höheres Preisniveau.

Die Läden zu, die Infektionsgefahr hoch, der Job in Gefahr – es gibt viele Gründe, warum die Menschen in der Corona-Krise ihr Geld nicht mit vollen Händen ausgeben. 2020 ist der Konsum um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen – so stark wie seit 70 Jahren nicht mehr. Im Vergleich zum Jahresschnitt von 2019 hat jeder Bundesbürger 2020 mindestens 1.250 Euro weniger für privaten Konsum ausgegeben – in der Summe entspricht das 104 Milliarden Euro. Wäre der Konsum so stark gewachsen wie von 2010 bis 2019 – um jährlich 1,5 Prozent –, würde der Verlust 2020 sogar insgesamt 147 Milliarden Euro oder 1.750 Euro je Bundesbürger betragen. Besonders wenig kauften die Bürger 2020 kurzlebige Konsumgüter, also beispielsweise Kleidung oder Schuhe. Langlebige Konsumgüter, wie etwa Autos oder Möbel, wurden im Zuge des ersten Lockdowns zwar auch weniger gekauft, die Nachfrage legte aber von Juli bis Dezember 2020 um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu – was auch an der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung gelegen haben dürfte. Der Einbruch der Dienstleistungen hat eine eigene Größenordnung. 2020 wurden für 78 Milliarden Euro weniger Dienstleistungen konsumiert – das sind über zwei Prozent des BIP. „Die staatlich verordnete Schließung von körpernahen Dienstleistungen, Gastronomiebetrieben, Hotels, Freizeit- und Veranstaltungseinrichtungen haben viele Konsumwünsche unmöglich gemacht“, sagt Hubertus Bardt, Geschäftsführer und Leiter Wissenschaft des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW).
Die Läden zu, die Infektionsgefahr hoch, der Job in Gefahr – es gibt viele Gründe, warum die Menschen in der Corona-Krise ihr Geld nicht mit vollen Händen ausgeben. 2020 ist der Konsum um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen – so stark wie seit 70 Jahren nicht mehr. Im Vergleich zum Jahresschnitt von 2019 hat jeder Bundesbürger 2020 mindestens 1.250 Euro weniger für privaten Konsum ausgegeben – in der Summe entspricht das 104 Milliarden Euro. Wäre der Konsum so stark gewachsen wie von 2010 bis 2019 – um jährlich 1,5 Prozent –, würde der Verlust 2020 sogar insgesamt 147 Milliarden Euro oder 1.750 Euro je Bundesbürger betragen. Besonders wenig kauften die Bürger 2020 kurzlebige Konsumgüter, also beispielsweise Kleidung oder Schuhe. Langlebige Konsumgüter, wie etwa Autos oder Möbel, wurden im Zuge des ersten Lockdowns zwar auch weniger gekauft, die Nachfrage legte aber von Juli bis Dezember 2020 um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu – was auch an der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung gelegen haben dürfte. Der Einbruch der Dienstleistungen hat eine eigene Größenordnung. 2020 wurden für 78 Milliarden Euro weniger Dienstleistungen konsumiert – das sind über zwei Prozent des BIP. „Die staatlich verordnete Schließung von körpernahen Dienstleistungen, Gastronomiebetrieben, Hotels, Freizeit- und Veranstaltungseinrichtungen haben viele Konsumwünsche unmöglich gemacht“, sagt Hubertus Bardt, Geschäftsführer und Leiter Wissenschaft des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW).

In einer solch komplexen Gemengelage sollte der Bürger nicht damit rechnen, dass er ungeschoren davonkommt. Insbesondere sollte er nicht darauf vertrauen, dass die Notenbanken – und hier speziell die EZB – willens und in der Lage sind, eine aufkommende schwere oder trabende Inflation wirksam zu bekämpfen. Bereits 5 Prozent jährliche Inflation bedeuten aber nach zehn Jahren eine Kaufkraftminderung um rund 40 Prozent. Die US-amerikanische Notenbank FED hat ja bereits signalisiert, dass sie bereit ist, höhere Preissteigerungsraten zu akzeptieren, ohne an der Zinsschraube zu drehen. Hier sind die Lebenshaltungskosten im April im Jahresvergleich um 4,2 Prozent gestiegen, insbesondere aufgrund steigender Energiepreise. Das hat zwar aktuell die Finanzmärkte in Turbulenzen gebracht, aber keine Reaktion der US-Notenbank nach sich gezogen.


Nüchtern betrachtet haben sich die Notenbanken weltweit mit ihrer fiskalisch dominierten Geldpolitik in eine Ecke hineinmanövriert, aus der sie nicht mehr herauskommen, zumal Inflation – neben ungleich unattraktiveren Steuererhöhungen – das zentrale Instrument zur Entschuldung überschuldeter Staaten ist. Eher wird es zu Staatseingriffen über Höchstpreisregimes in einzelnen Branchen kommen, um dem Unmut der breiten Massen hinsichtlich steigender Preise zu begegnen, als dass eine Abkehr von der superexpansiven Geldpolitik in Betracht gezogen wird. Die aktuelle Diskussion um den Mietendeckel in Deutschland gibt einen Vorgeschmack davon, die wirtschaftliche Situation Venezuelas zeigt das dystopische Ergebnis solch ungebremster Interventionsspiralen.


Jedes wirtschaftspolitische Problem der vergangenen Jahre wurde mit einer Geldschwemme gelöst, was nur so lange gut gehen kann, bis der massive Geldüberhang sich aufgrund realwirtschaftlicher Inflationspotentiale in Preissteigerungen manifestiert. Jetzt zeigen sich langsam die Grenzen dieser Politik, aber die Notenbanken machen auf business as usual. So erwartet EZB-Direktorin Isabel Schnabel für Deutschland in diesem Jahr eine Preissteigerungsrate von zeitweise mehr als 3 Prozent, sieht aber keinen Grund gegenzusteuern. Fritz Machlup hat das, was passieren wird, wenn das süße Gift der ungebremsten Geldmengenexpansion zu wirken beginnt, in seiner 1934 noch in Österreich erschienenen, sehr lesenswerten Schrift „Führer durch die Krisenpolitik“ so beschrieben:


„Die Notenbank kann verschiedene Gruppen in der Wirtschaft – den Staat oder die Industrieunternehmen oder die Landwirtschaft usw. – durch die Gewährung von Krediten mit Kaufmitteln ausstatten, die sie bisher nicht hatten. Die Nachfrage dieser kaufkräftig gewordenen Gruppen führt eine Absatzsteigerung in manchen Produktionszweigen herbei. Diese Produktionszweige benötigen zur Ausdehnung ihrer Erzeugung zunächst einmal wieder Kredit, den sie auch von der Notenbank bekommen sollen, und mit diesen neugedruckten Geldern kaufen sie die Produktionsmittel, die zur Herstellung ihrer Erzeugnisse nötig sind. Es strömen die neugeschaffenen Kaufmittel von einer Hand zur anderen, von einer Gruppe zur anderen und schaffen die angenehme Stimmung zunehmenden Reichtums. Die Bevölkerung, die sich nun für reicher hält, als sie tatsächlich ist, steigert unternehmungslustig alle Arten von Anschaffungen und Anlagen und steigert auch den persönlichen Aufwand. Es ist das bekannte Bild der ,Prosperität‘, der sich Amerika vor allem in den Jahren 1927 bis 1929, Deutschland und Österreich – in anderen Maßen – einige Jahre vorher erfreut haben. Die Prosperität kann eine Zeitlang andauern. 


Sie dauert so lange, als es möglich ist, die Schaffung zusätzlicher Kaufkraft immer weiter fortzusetzen. Eines Tages muss es sich dann zeigen, dass es mit der Ausdehnung des Notenbankkredits nicht mehr weiter gehen kann, sei es dadurch, dass die Bevölkerung das sich entwertende Geld ablehnt, sei es, dass das Bewusstsein von der übermäßigen Inanspruchnahme von Kredit dem allzu großen Optimismus ein Ende setzt. Was dann nachfolgt, wissen alle. Es ist die Krise mit ihrer Katastrophenstimmung, mit den Verlusten, Schleuderverkäufen, Konkursen und dem Offenbarwerden einer furchtbaren Verarmung.“

Was würde es tatsächlich bedeuten, wenn die EZB ernst machte, eine schmerzhafte Güterpreisinflation über deutlich steigende Zinsen wieder zu zähmen, anstatt die Krise zu perpetuieren? Zu erwarten wäre ein Zusammenbruch des Kartenhauses Euro beziehungsweise der Eurozone: Steigende Zinsen zwingen prekär finanzierte Unternehmen in den Bankrott und überschuldete Staaten in den Staatskonkurs. Private Banken gehen wegen des Zusammenbruchs zahlungsunfähiger Kreditnehmer reihenweise pleite, Pensionskassen und Versicherungen können ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Immobilieneigentum, das mit Nullzinshypotheken bis an die Schmerzgrenze fremdfinanziert wurde, kommt spätestens bei Anschlussfinanzierungen unter den Hammer. Finanzmärkte stürzen in den Abgrund und die Realwirtschaft wird in den Strudel des völligen Zusammenbruchs gezogen.


Selbst wenn die EZB eine einmal entfachte Inflation also wieder eindämmen könnte – was von Hayek mit dem Fangen eines Tigers am Schwanz verglichen hat – wird sie es nicht tun, solange die Situation irgendwie kontrollierbar und mit finanzieller Repression des Staates beherrschbar bleibt. Die Folgen einer Abkehr von der aktuell praktizierten Geldpolitik wären so apokalyptisch, dass wir sie uns kaum vorzustellen vermögen. Wir werden uns also auf dauerhaft hohe Inflationsraten einstellen müssen – auch weil uns schon länger die Kraft fehlt, die notwendigen grundsätzlichen Reformen des Geld-, Kredit- und Bankenwesens anzugehen, um die mittlerweile in einer perversen Rolle gefangenen Notenbanken endlich zu entmachten.

Titelbild: 

| Markus Winkler / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Bilder im Text: 

| cmophoto.net / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link

| Immo Wegmann / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link

| Isaac Smith / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Beitrag (redaktionell unverändert): Prof. Dr. Alexander Eisenkopf

Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

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